Ressort: Mensch und Natur(Weitere Infos)

25.März 2015, 0:22

Ich und die Masse verbrauchen gedankenlos

Danke Gerhard, dass Du mich per Kommentar darauf gebracht hast: Die Zahlen machen schon schwindelig, und doch hilft Visualisierung mit, den Irrsinn unserer Wegwerfgesellschaft noch deutlicher zu machen. Chris Jordan schafft das mit seinen Bildern Running the Numbers: An American Self-Portrait 2006 – Current eindrücklich. Und immer wieder von Neuem.

Der Fotograf veranschaulicht den Irrsinn unserer Umweltbelastung, indem er die unglaublichen Zahlen statistischer Erhebungen zu visualisieren versucht: Klickt man die Bilder an, wird man in sie hinein geleitet bis zum einzelnen Gegenstand, klickt man wieder drauf, weichen die Details wieder zurück ins Bild. Eindrücklich. Faszinierend und SEHR nachdenklich machend… Ein paar Beispiele, die ich ausgewählt habe. Die ältesten Zahlen stammen von 2004 und beziehen sich immer allein auf den Verbrauch in den USA:

426Link_16‚000 Handys werden ausser Betrieb genommen. Täglich.
Und so sieht das bei Chris Jordan aus: Einfach aufs Bild hinter dem Link links clicken.

Link_16

38’000 Schiffscontainer werden in Amerikas Häfen abgefertigt. Alle zwölf Stunden.

Link_1665’000 Teenager werden nikotinabhängig. Jeden Monat.

Link_163,6 Mio SUV’s wurden in den USA in 2004 verkauft.

Link_16410’000 Pappbecher für Heissgetränke werden verbraucht – alle 15 Minuten.

Link_16

29’569 Menschen sind in den USA durch Handfeuerwaffen gestorben. Allein in 2004.

Link_1615 Millionen Blatt Papier werden in amerikanischen Unternehmen bedruckt, beschrieben, neu benötigt – alle fünf Minuten.

Link_1660’000 Plastiksäcke werden verbraucht – alle fünf Sekunden.

Link_162005 sind in den USA 2,5 Millionen Menschen eingekerkert. Es ist die grösste Gefängnispopulation weltweit.

Link_16213000 Besuche auf Notfallstationen von Spitälern wegen dem übermässigen oder falschen Konsum von Schmerztabletten – pro Jahr.

Link_16hundert Millionen Bäume werden für das Papier gefällt, auf dem Spam-Mails in den USA ausgedruckt werden – pro Jahr.

Link_16166’000 Pakete werden per Overnight-Luftpost verschickt – jede Stunde.

Link_1612,5 Mio US-Dollar gaben die USA für den Irak-Krieg aus. Pro Stunde.

Link_1628’000 42-Gallonen-Fässer – das ist die Menge Öl, die in den USA konsumiert wird – alle zwei Minuten.

Link_16200’000 Amerikaner sterben an übermässigem Zigarettenkonsum – alle sechs Monate.

Link_16Wer kennt sie nicht, die typsichen braunen Papiertüten in amerikanischen Supermärkten? 1.14 Millionen werden davon gebraucht – pro Stunde.

Link_16Getränke werden auf US-Flügen in Pappbecher ausgeschenkt – davon braucht es eine Million Stück – alle sechs Stunden.

Link_16106’000 Alu-Getränkedosen – alle dreissig Sekunden

Link_1610’000 nicht mehr länger erwünschte Hunde und Katzen werden in den USA eingeschläfert – pro Tag.

Link_16Zwei Millionen Plastik-Getränkeflaschen – alle 15 Minuten.

Link_1632000 gewünschte Operationen zur Brustvergrösserung in 2006 – pro Monat.

Link_1629’000 Privatbankrotte in 2010 – Jede Woche.

Link_167000 Studenten gehen vorzeitig von High Schools ab – pro Schultag.

Link_1667000 metrische t hoch radioaktiver Abfall aus Uran und Plutonium in Zwischenlagern in den USA, der ständig von Wasserkreisläufen gekühlt werden muss

Link_16183000 Vögel sterben täglich an den Folgen von Pestiziden in Agrokulturen.

—-

Da frage nicht nur ich mich: Wie ist es möglich, dass uns die Mutter Erde so lange ertragen hat?

 

10 Gedanken zu „Ich und die Masse verbrauchen gedankenlos

  1. ClaudiaBerlin

    Und was folgt daraus?
    Auch die beste Visualisierung wird nichts nützen. Allenfalls den Bedarf von ein bisschen Greenwashing hier und da steigern, also etlichen Mach-was-mit-Medien Aufträge verschaffen.
    Warum?
    Leider nicht einmal deshalb, weil irgendwo irgendwelche Bösen die Welt im Unterdrückungsgriff halten –
    sonder weil uns nichts anderes einfällt!
    Markt = Wttbewerb = Konkurrenz = sinnloses Verschleudern von Ressoourcen im Dienste des Hamsterrads.

    Von Heidegger ist der Spruch bekannt: „Nur noch ein Gott kann uns retten“.
    Manche werfen ihm das vor, nicht wissend, dass der nicht daran glaubte, dass es diesen Gott gibt.

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    1. Thinkabout Beitragsautor

      Ich denke, wir Menschen haben ein Gen ganz bestimmt nicht in uns: Das, welches uns als Spezies überleben lässt. Es kann noch so viel Evolution geben – am Ende werden wir eliminiert – und sei es nur durch den schieren Erfolg, mit dem wir alles Andere verdrängen. Ich habe in Botswana Elefantenherden gesehen, die sich noch ständig vermehrten, obwohl die abertausenden Tieren schon längst die Vegetation zerstörten, die ihre Lebensgrundlage war.
      Nun können wir Menschen sehen, wohin wir uns führen, wenn wir denn einen Schritt zurück treten. Doch schlussendlich kümmtert uns nichts so sehr wie die eigene Gier. Und die will nicht Ruhe, nicht Frieden. Sie will Erfolg, Reichtum, Macht, Geltung. Und da der Pfarrer weniger gilt als der Reiche im Dorf, welcher die Jobs vergibt, und weil das womöglich noch nicht mal zu unrecht so ist – darum nützt es uns auch nichts, wenn es den Gott gibt, den Heidegger gar nicht meinen konnte, weil er ihn ja verneinte. Das müsste ja dann auch ein Gott sein, der uns das Geschenk wegnehmen würde, das er uns machte, und die Strafe, die wir bräuchten, würde tatsächlich unsäglich weh tun.
      Entschlackung aber ist längst etwas, das wir in den Wellnessbereich verorten, aber gewiss nicht in unser tägliches Leben.

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    1. Thinkabout Beitragsautor

      Liebe Claudia,
      da ich dieses Blog bauen liess, wird es eben auch nur in Etappen umgebaut, weil ich zwar schreiben kann, aber nur unzureichend programmieren. Die Anregung auf jeden Fall habe ich gerne aufgenommen.

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  2. Gerhard

    Verändern wird das leider nichts. Dafür kann aber Chris Jordan nichts.
    Aber zumindest darf man doch „hautnah und KLAR vor Augen“ erfahren dürfen, was tagtäglich geschieht. Das Bizarre an allem: So ungeheuer die MASSEN an weggeworfenen Dingen sind – noch verrmüllen sie noch nicht unsere Städte und die Natur vor Ort. Vielleicht kommt man ja auch rechtzeitig auf die Idee, das alles ins All zu pusten, bevor das passieren wird!

    Weggeworfen wurde früher kaum etwas. Mein Vater hat alte Schrauben und ungebrauchtes Kleinsortiment in Gläser und Schachteln getan. Manchmal bin ich froh, da etwas zu finden, was ich brauchen kann. Und so halte ich es auch: Leistenstücke, Tapetenreste, alles, was noch in kleinen Mengen übrig bleibt, ruht bis zu einer etwaigen Wiederverwendung – und wenn es nur für ein dadaistichses Kunstwerk gebraucht wird.

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    1. Thinkabout Beitragsautor

      Lieber Gerhard,
      Nun, unsere Fähigkeit, am Müll vorbei zu sehen, ist schon bemerkenswert. Die meisten von uns haben schon Ferien gemacht in Hotels, in deren schattigem Rücken eine Müllhalde wucherte. Wir spazieren am Meeresufer und betonen Strände, die sauber sind – weil wir auch andere kennen. Bei Jordan gibt es auch das Beispiel von den zig Tausend Plastikteilen pro Quadratmeile Ozean, die wir bereits da schwimmen haben. Nein, nein, wir sind schon ganz toll im Wegsehen – und natürlich auch im Wegschaffen – zum Beispiel per Abfallfrachter nach Afrika, wobei dann so mancher unterwegs die Schleusen öffnen mag…

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      1. Gerhard

        Weil Du gerade den Urlaub erwähnst: Wir sassen mal nach dem Ende einer Mahlzeit noch länger im Speisesaal und mussten zuschauen, daß auch unangerührte Speisen wie etwa Torten einfach zusammengepappt und rasend schnell entsorgt wurden. Wahrscheinlich füllt das locker 3x täglich einen Container. Das schockt im „Kleinen“, aber da ähnliches, wie ja Jordan ja anführt, in unterschiedlichster Weise und an unterschiedlichsten Orten in großem und grösstem Maßstab so gehalten wird, wirkt sich das deutlicher aus, als wir wahrhaben wollen.
        Es gab mal, so erinnere ich mich, eine Initiative in Deutschland, Schokolade nur mit der Pappumhüllung zu verkaufen. Das ging aber nur ganz kurze Zeit. Jetzt wird wieder verpackt auf Teufel komm raus.Bei manchen Produkten verstehst Du das definitiv nicht mehr.

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        1. Thinkabout Beitragsautor

          Ich erinnere mich an Aufforderungen an die Siwssair, keine Pappbecher mehr zu verwenden – an das ökologische Kompendium, das in den 90er-Jahren im Umlauf war. Dann folgten ein paar magere Wirtschaftsjahre, und alles war Makkulatur: Ökologie ist nur dann gangbar, wenn es wirtschaftlich nicht schmerzt – oder gar Profit verspricht.

          Ich war in Amsterdam auf einer Messe, da hat das Personal Frühstückstische leer geräumt, auf denen vier Teller standen, voll gepackt vom Buffet. Da ein angebissenes Brot, dort ein angelöffeltes Ei, da eine angebissene Wurst, und daneben jede Menge Nahrung, die nur besudelt worden war, aber nicht gegessen. – Und die Bedienung, die das abräumen muss, verdient wohl weniger, als den Warenwert, den sie in einer Stunde auf diese Weise entsorgen muss.
          50% der für uns produzierten Nahrungsmittel landen im Abfall.

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          1. Gerhard

            Ich weiß nicht woher der Spruch stammt, aber er scheint zu passen:
            „Nobel geht die Welt zugrunde“.

          2. Thinkabout Beitragsautor

            @Gerhard
            Also, diese Art Noblesse ist leider überall anzutreffen – oder liegt es nur daran, dass sich damit wirklich jeder zum Teil des Plebs macht?

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