Ressort: Lebenskunst(Weitere Infos)

28.Januar 2016, 7:00

Die Idee

Credit: iStock / MHJ

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„Du hast Ideen!“ pflegte mein Vater zu sagen, wenn ich wieder mal mit einem neuen Heureka ankam, und wischte mit der Hand durch die Luft, womit das Gespinst praktisch aus der Welt war. Im Gymnasium lasen wir derweil gescheite Bücher, und unter anderem lernte ich da, dass manche bahnbrechende Idee mit einer Utopie begonnen hätte. Wer also hat recht?

Ich ging den einfachen Weg und behielt einige meiner Ideen fortan lieber für mich. Politische Überzeugungen hatte ich keine so gefestigten – sie beruhten auf der durchaus gesunden Erkenntnis als Teenager, dass die lieben Erwachsenen so manche Entrüstung über Inkonsequenz bis hin zur Ungerechtigkeit als Sachzwänge abtaten. Die meisten Menschen leisteten sich nicht wirklich eine Überzeugung und das Unwort „Sachzwang“ ersetzte manchem das Rückgrat. Aber mit Widerspruch gegen diese Haltung war ja noch kein Lebensentwurf gestaltet. Den entwickelte ich für mich im Versuch, mit meinen Mitmenschen anständig umzugehen und einem jeden Respekt zu zeigen. Auch das ist mir nicht unbedingt überzeugend gelungen. Es gab da so einige, die es mir nie recht machen konnten, und deren Ideen waren dann für mich – siehe da – Hirngespinste. Und womöglich nehme ich heute so manchen Sachzwang hin – und wäre für die Jungen der gleiche unverständige Brocken, wie er mir begegnete.

Führungspersonen sind dann erfolgreich, wenn sie Ideen fördern, das Team kreativ ist, ohne sich zu verzetteln. Aber wie wissen, ob eine Idee greifen kann? Man muss ihr Raum geben – erst, dass sie überhaupt entstehen kann, dann, dass sie ich erproben kann. Widerstand gegen eine Idee bedeutet nicht ihr Scheitern. Es kann auch ein Indiz für ihre innere „Wahrheit“ sein. Ideen können eine Gefahr bedeuten für das mächtige Geld, Ideen können zu Gelddruck-Patenten werden. Ideen zeugen in jedem Fall von Lebendigkeit, und unser Umgang mit ihnen ist entscheidend für die Güte unseres Lebens. Mit den eigenen, und mit denen anderer, bei denen wir uns womöglich ärgern, dass wir sie nicht selbst hatten – oder bei denen, die wir gerne in die gleiche Schublade schmeissen wie die letzte – ohne dass wir sie noch wirklich bedenken würden.

Haben wir keine Idee mehr – ja, dann wird es wirklich kritisch. Denn eine Welt ohne Veränderung – das ist wirklich eine unmögliche Utopie.

 

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