Die letzten Jahre waren für den deutschen Fussball ein einziges Fest, das im rauschenden Sieg an der Fussballweltmeisterschaft in Brasilien gipfelte. Und auch der Clubfussball feierte Triumpfe, mit dem Sieg von Bayern München in der Champions League, mit stürmischen Auftritten von Borussia Dortmund, mit dem Vordringen aller Clubs in die Achtelfinals dieses Wettbewerbs. Die Gegenwart sehen Viele ein wenig nüchterner, und dafür gibt es gute Gründe.
Die Tabelle lügt nicht. Das ist so eine Platitüde im Fussball, aber sie ist so was von wahr. Der FC Bayern München ist das Mass aller deutschen Dinge. Und selbst wenn Borussia Dortmund nun Zweiter in der Tabelle wäre mit nur fünf Punkten Rückstand, wäre die Feststellung gültig, dass die Bayern in der heimischen Liga keine Konkurrenz haben. Das Hauptproblem ist der unmittelbare Unterbau hinter der absoluten Spitze. Die Teams der zweiten Reihe haben ein gewisses wirtschaftliches Potenzial aber keine Strahlkraft (Leverkusen und Wolfsburg) oder schäumen über vor Emotionen (Schalke 04 und Dortmund), oder sie sind wirtschaftlich nicht in der Lage, auch nur annähernd Spitzenfussball zu finanzieren (Mönchengladbach).
Es wird fussballerisch in allen Vereinen hervorragend gearbeitet, die Stadien sind voll und bezüglich Infrastruktur top, das Produkt Bundesliga wird sehr gut vermarktet – aber die verbreiterte Spitze kommt nicht zustande. Und das bedeutet, dass die Qualität in der Bundesliga tiefer ist als in England oder in Spanien. Mag sein, dass sich das auf Dauer korrigieren lässt. Dazu müsste aber beim FC Bayern ein Umdenken einsetzen:
Es ist nicht gut, dass jeder Fussballer in Deutschland gar kein anderes Ziel haben kann, als einen Vertrag beim FCB zu unterschreiben, und es ist marktschädigend und die Konkurrenz torpedierend, wenn der FCB Transfergerüchte der besten Spieler direkter Konkurrenten laufend befeuert und damit diese Vereine zusätzlich schwächt: Verkommt die Bundesliga für die Bayern zu einem Trainingscamp unter Wettkampfbedingungen, um am Ende der Saison für zwei Spiele gegen Real Madrid und den FC Chelsea bereit zu sein, wird die Rechnung für niemanden mehr aufgehen.
Auch im Fussball lässt sich feststellen: Im freien Wettbewerb wird der Beste immer noch besser und frisst am Ende alles auf – bis er keine Basis mehr hat für die eigene Legitimation, weil es diesen Wettkampf auf Augenhöhe gar nicht mehr gibt.
Nachtrag: Karl-Heinz Rummenigge macht sicher im besten bayrischen Sinn einen nüchternen, guten Job. Aber er wirkt dabei kalt wie Hundeschnauze. Auf jeden Fall lässt er jegliches Feingefühl vermissen, wenn es darum geht, die Konsequenzen der stiernackigen Kabbelei mit dem BVB einzuordnen: Sie schadet schlussendlich dem Ansehen der Bayern – und der ganzen Bundesliga.
Da wünscht man sich Uli Hoeness zurück… Der konnte einfach alles noch ein bisschen besser. Den Rüpel markieren, aber vor allem ist ihm eigen, dass er die Folgen übertriebener Dominanz abschätzen kann – und entsprechend beteiligte er sich auch immer an Lösungsansätzen für jene Vereine, die unter der starken Markmacht des FCB zwangsläufig zu leiden beginnen – bei 1860 können sie Abgesänge davon singen… aber bitteschön nicht auf die schlichte Tatsache der Wasserverdrängung des Supertankers, sondern zuerst auf die eigenen Fehler.
Die Bundesliga und mit ihr die andern grossen europäischen Ligen sind durch die Champions League zu Katastrophen-Ligen verkommen
Die Champions League schaufelt den Geldsack Vereinen immer mehr Geld ins bereits prall volle Portemonnaie. Mit diesem Geld kaufen sie den schwächeren Clubs, die bei der Champions League nicht so erfolgreich sind, die besten Spieler ab. D.H. sie nehmen sie ihnen einfach weg und niemand stört sich daran. Damit wird der Geldsack Verein noch stärker und setzt sich langsam aber sicher so weit von den von ihm ausgelaugten Loosern ab, dass die Liga zur Farce wird. Dies kann doch nicht im Ernst eine interessante Liga sein.
Weshalb bringt die ARD seit ein paar Jahren jeden Samstag Berichte über die 3. Liga und die Regionalliga? Weil da noch mit weniger vollen Säcken Fussball gespielt wird.
Erst wenn die UEFA dazu übergeht, mit dem vielen Geld in den untersten Ligen den Nachwuchs zu fördern, wird in den nationalen Ligen wieder Fussball gespielt.
Sorry, Walter, dass Dein Kommentar erst nicht online ging: Zu Beginn muss jeder neue Kommentierer frei geschaltet werden, danach ist das nicht mehr der Fall.
Nun, die ARD überträgt vor allem 3. Liga, weil sie das Geld für die erste nicht blechen kann – mit der idealistischen Lust am ausgeglichenen Wettkampf dürfte das wenig zu tun haben. Die Tour de France ist für die Öffentlich Rechtlichen ja auch weiterhin ein Thema, trotz Dopingsumpf – weil halt da das pekuniäre Paket zwischen Rechtezahlung und Aufmerksamkeit des Publikums stimmt.
Und noch dies: Was man den Bayern ja lassen muss: Die verdienen wenigstens wirklich Geld. Die Geldsäcke, die Du ausmachst, sind ja eigentlich alles Pleitiers, die einfach mit neuem fremdem Geld die eigens fabrizierten Löcher stopfen. Real Madrid hat vor einigen Jahren die Trainingsanlagen, die sie nicht bezahlen konnten, von der Stadt geschenkt bekommen – weil die Miete eh ausblieb, oder was? Auch eine Logik, die da 500 Mio Euro wert war.
Das ist ja das wirklich Ruinöse: Keiner dieser Vereine in England oder in Spanien, Italien, ist wirklich gesund und erwirtschaftet seine Mittel selbst. In dieser Beziehung ist tatsächlich Deutschland die einzige Spitzenliga, in der dies einigermassen gelingt.