Das Vorstandsamt. Es droht in jedem Verein, und diese Vereine verändern sich. In ihnen gibt es Mitglieder wie eh und je. Aber sie haben zwei Eigenschaften viel stärker ausgebildet, als dies früher der Fall war:
Erstens fühlen sie sich für nichts wirklich verantwortlich – der Mitgliederbeitrag ist schliesslich bezahlt, wenn vielleicht auch etwas verspätet – und dessen ungeachtet haben sie zweitens Ansprüche, denn, sie haben schließlich bezahlt.
Oder wie? Das geht je länger je mehr in immer mehr Dorfvereinen gründlich in die Hosen. Vorstandsämter sind immer schwieriger zu besetzen, und der Präsident ist oft ein einsamer Kämpfer, auf den Plan getreten, weil er sich von seinen Idealen leiten und in die Pflicht nehmen ließ – und danach im Amt “belassen”, weil er “es doch so gut macht”. Diese und andere Ausdrücke der jovialen Art fallen, die nur eines besagen wollen:
Wenn er es nur weiter macht.
Das schließt die oben angedeutete Kritik bei nächster Gelegenheit natürlich nicht aus.
Es gibt wohl mehr Vereinspräsidenten, die in der Nachfolgefrage überall anbrennen, als solche, die nicht hören wollen, dass sie abtreten sollten.
Hat die freizeitliche unentgeltliche Arbeit schon viel Energie gefressen und manchen Frust beschert, so wird das Abtreten noch qualvoller und mühsamer, weil sich in extremis bestätigt, was man zuvor schon erlebt hat: Nicht ich. Andere vor.
Hinzu kommt, dass oft wenig Raum und Bereitschaft besteht, eingebrannte Strukturen zu erneuern, Pflichtenhefte zu entschlacken, etc. Und wenn dann plötzlich ein Junger bereit wäre – ist er womöglich zu jung.
Es gibt tausend Gründe gegen jeden und jedes – und genau so viele für das eigene Zurückstehen. Mit gutem Grund, laut sehr ähnlichen eigenen Erfahrungen…:
Werde nie Präsident eines Vereins, wenn Du nicht riskieren willst, dass dir die Freizeitbeschäftigung, für die der Verein steht, vergällt wird, du nicht willst, dass sich deine Kollegen im Club dir entfremden – und willst du nicht regelmässig Krach zu Hause zu haben.
Früher wurden Ex-Präsidenten von Vereinen Ehrenmitglieder. Heute suchen sie sich nach der Amtszeit ein neues Hobby…
Was also tun?
Ich sage niemandem, er müsse nun sofort im “eigenen” Bridge-Club zum Präsidentenamt drängen, um seine gesellschaftliche Verantwortung wahr zu nehmen. Fordert man mich auf, mich an der eigenen Nase zu nehmen, so erfährt man ja von mir auch sehr schnell und klar, dass die Zeit der Ämter bei mir vorbei ist, zumal ich auch ohne hohe Würden dazu neige, meine Zeit allzu schnell zu verplanen. Nein, zu was ich jedem raten und worum ich Sie, Vereinsmitglied, im Namen Ihres Vorstandes bitten möchte, sind Bewusstheiten und Verhaltensweisen als Mitglied:
- Nehmen Sie es ernst, wenn Vorstände Überlastung signalisieren – Verzichten Sie auf joviale Sprüche und die Spekulation auf den guten Willen jener, die schon im Amt sind
- Fragen Sie nach, bringen Sie sich ein und machen Sie sich Gedanken um Lösungen – statt Angst zu haben, dass sie damit zum Kandidat für die Nachfolge werden.
- Denn NEIN sagen kann Ihnen niemand verwehren. Verkriechen Sie sich aber, so werden Sie Ihrer Rolle als Mitglied nicht gerecht.
- Denken Sie auch als Mitglied mit aller Konsequenz zu Ende, was es für die Vereinsorganisation zwingend bedeuten muss, wenn das Arbeitspensum für reduzierte Vorstände zu groß ist
- Und nehmen Sie dann auch in Kauf, wenn “der Service” und die Art und Zahl der Veranstaltungen zurück geht – und vor allem, egal ob Krise oder nicht:
- Sagen Sie es den Verantwortlichen, wenn Ihnen etwas gefällt und
- bringen Sie allfällige Kritik konstruktiv an und vergessen Sie nie den Respekt vor dem Ehrenamt.
Dann wäre schon ein Anfang gemacht. Für Alle.
[Reloaded, ∞ 9. September 2009, mit geringfügigen grammatikalischen Veränderungen]