Ressort: Gesellschaft(Weitere Infos)

30.März 2015, 23:40

Wären Namen doch Schall und Rauch

Gehört zur Recherche der Hintergründe einer Tat, die alle beschäftigt, die Namensnennung des Täters mit dazu? Es ist durchaus interessant, zu beobachten, wie Medien und Journalisten darüber denken – geschweige denn, wie schnell sie – und auch wir Blogger – darüber und über anderes schreiben.

Ich habe soeben wieder mal das absolute Highlight jedes unbedarften Bloggers erlebt: Das Versinken einer 60-Min-Arbeit im Nirwana des Internets. Mein geplanter Blogartikel ist weg. Ich habe nicht die Energie, ihn in gleicher Form wieder zu produzieren. Aber die Kernaussage, die möchte ich schon anbringen:

Stefan Winterbauer äussert sich zur Frage ganz forsch schon im Titel, und erreicht damit immerhin, dass ich seinen Text tatsächlich lese: Wer den Namen des Co-Piloten nicht nennen wolle, der 149 Menschen willentlich mit sich in den Tod gerissen hat, solle sich ernsthaft überlegen, seinen Presseausweis zurück zu geben.

Gerade so, als würde so ein Journalist seinem Stand Schande bringen. Für den Verfasser haben wir Medienkonsumenten das Recht, über die Hintergründe der Tat alles, was in Erfahrung zu bringen ist, auch zu wissen – nur frage ich mich, was mir beim Verstehen dieser Tat, so hilflos das Unterfangen auch bleiben wird, der Name des Täters bringen kann?

Tatsache ist vielmehr, dass die Namensnennung den Täter nicht bestraft, es für seine Angehörigen aber noch viel schwieriger macht, mit der Tat überhaupt umzugehen. Der Täter aber erreicht damit womöglich sogar sein Ziel, einmal berühmt zu sein , einmal beachtet, einmal alle Welt aufgeschreckt und zu Fragen gezwungen zu haben, wer er denn, der Missachtete, gering Geschätzte überhaupt sei? Unsere Fassungslosigkeit und Bestürzung soll sehr wohl mit seinem Namen, seiner Person verbunden werden -und genau dies animiert womöglich ähnlich kranke Typen zur Nachahmung. Wie wir diese Tat bewerten, wie gering wir dabei den Verursacher achten, wie viel Schande wir ihm auch ankleben – das erreicht ihn nicht. Den Toten nicht, und die Nachahmer auch nicht. Die sehen nur die Macht der Aufrüttlung, den Medienaufruhr, die Wucht, die Bestürzung. Gefühle, die sie in ihren stillen schwarzen Stunden höchstens in sich tragen, ohne dass sich irgend eine Sau wirklich für ihre Situation interessieren würde. Verkannt bis unbeachtet grübeln sie sich bis zum letzten Schrei vor. Welche Art Berichterstattung mag dagegen hilfreicher sein? Dieser Punkt mag psychologisch umstritten sein – aber auch dann bleibt die Tatsache, dass mit der Namensnennung im Umfeld des Täters unter Umständen Angehörige in tiefe zusätzliche Probleme gedrängt werden – für welche Art unseres Bedürfnisses? Wir wollen wissen, wie der Irre aussieht, und erschauern ob der Tatsache, dass es sich um einen ganz „normal wirkenden Mann“ handelt.

Na, was denn wohl? Davon handelt jeder bessere Krimi. Das Irrationale, das Grauen ist ohne Gesicht. Vielleicht ist genau dies das grösste Problem. Namen und Foto helfen nur, Auflage zu verkaufen. Und dieser Hatz sind alle ausgeliefert – zunehmend alle.

Und DAS ist dann wieder der Aspekt, der auch in dieser Geschichte wirklich uns alle direkt betrifft und den wir mit unserer Wahrnehmung und Aufmerksamkeitsvergabe auch beeinflussen.

 

 

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