Ressort: Gesellschaft(Weitere Infos)

03.April 2015, 0:55

Vom unbestimmbaren Informationsgehalt

Ich habe mit dem Reload meines Ursprungsblogs begonnen – und dabei werde ich wieder mal nachdenklich, was die Schwerpunkte meines Schreibens betrifft.

Das Thinkabout-Blog bei Myblog ist immer schwieriger zu erreichen. Oft geht lange Tage gar nichts, und ich vermute, die Betreiber stellen zumindest keine zusätzlichen Kapazitäten mehr für den Datentransfer und -Abruf zur Verfügung. Es ist daher höchste Zeit, die alten Beiträge da zu sichern. Nun ist es ja durchaus so, dass es eine solche Sicherung gab, die ist mir aber beim Datenverlust durch die überschriebene externe Festplatte kaputt gegangen – und just diese Dateien, wie praktisch alle Word-Dateien generell, liessen sich nicht mehr herstellen. Doch ich schweife ab:

Mir fällt an mir selber auf, natürlich auch bedingt durch das stärker geweckte politische Interesse durch den Kontakt zu den Machern von mycomfor, dass ich heute sehr viel mehr über politische Tagesaktualität schreibe, als dass das ursprünglich der Fall war, während Betrachtungen zu Lebensfragen immer seltener werden. Dabei war die grundlegende Intention des Blogs mal eine ganz andere, basierend auf dem Wissen, dass es für den eigenen Seelenfrieden ziemlich unerheblich ist, zu erfahren, ob in China ein Sack Reis umgefallen ist, oder meinetwegen auch, ob in Frankreich die Regierung abgewählt wird. Wie bestimmt sich, was uns interessiert und beschäftigt? Ist es reiner Fatalismus, wenn wir uns um die Politik keine Gedanken machen?

Was mich vermehrt dazu bringen könnte, mich tatsächlich wieder mehr mit den immer gleichen und daher so grundlegenden Lebensfragen zu beschäftigen, ist auch der Frust, oder sollte ich sagen, das Entsetzen darüber, wie Medien das Wort „Information“ verstehen. Ich gebe ja gerne zu, dass mein Anspruch, jedes Leitmedium sollte sich wenigstens annähernd an den Prinzipien eines „service public“ orientieren, falsch ist. Vielleicht ist das auch für Sendeanstalten wie ZDF und ARD zu hoch gegriffen, aber ob der Art und Weise, wie in der ARD für den Talk bei Günter Jauch Sachrecherche betrieben wurde, verschlägt es mir die Sprache.

Waren früher Zeitungen politisch deutlich positioniert und damit die „Couleur“ deutlich zuzuordnen, so ist es heute wesentlich schwieriger geworden, Herkunft und Motivation der Berichterstattung einzuordnen. Der oberste Leitspruch gilt der Verwertbarkeit einer Nachricht, und dieser Maxime müssen sich fast alle unterordnen. Je länger je mehr finde ich den Begriff „Information“ lächerlich – was wir vorgesetzt bekommen, ist Halbwissen, oft, und da bin ich überzeugt, ohne zum Verschwörungstheoretiker werden zu wollen, ganz bewusst gefilterte, selektierte, ja gefärbte Nachricht. Die Ukraine-Krise macht ziemlich deutlich, dass Medien – wie wohl immer in schwierigen Zeiten – Machtpolitik mit gestalten. Der Effekt des Internets ist dabei nur, dass wir eine bessere Ahnung davon haben, um umgekehrt bei jeder alternativen Quelle in Hilflosigkeit zu verfallen, weil wir entweder deren Herkunft und Hintergrund nicht kennen und damit auch über deren Motivation herzlich wenig wissen, oder aber weil uns schlicht immer die Überprüfungsmöglichkeiten fehlen.

Und als Blogger steckt man erst recht in diesem Dilemma: Praktisch alles, was ich zur Tagesaktualität schreiben kann, beruht „auf Hörensagen“. Ich nehme ja selbst News, Medienberichte zum Anlass, selbst zu schreiben und daraus zu folgern. Ich werde damit selbst manipuliert und trage dazu bei, dass es meine Leser auch werden. Und, ganz ehrlich, ich manipuliere ja auch bewusst, nur schon mit der Auswahl der Themen – und der Betonung jener Fakten, die mir ganz persönlich wichtig erscheinen. Jetzt sind wir in der puristischen Theorie angelangt, aber ich will nur sagen, dass ich mir auch dessen bewusst bin.

Fakt ist also, dass meine Kompetenz, zu schreiben, dann wohl deutlich grösser ist, wenn ich einen Grauton meines Alltags beschreibe oder einen Blauton am Himmel begrüsse. Und am Ende des Tages hat eine positiv gedachte kleine Wende zu einer Alltagsbetrachtung womöglich den viel grösseren Wert, als wenn ich den tausendsten Beitrag zum politischen Leitthema verfasse.

Ein Gedanke zu „Vom unbestimmbaren Informationsgehalt

  1. Gerhard

    Ich finde, damit hast Du recht.
    In einer Therapiegruppe, der ich einst angehörte, war es Usus, auf die Erzählung eines Einzelnen in der Gruppe nur zu sagen, was die Info mit einem macht. Es ging nicht darum, mit Ratschlägen zu kommen und mit Auslegungen, sondern seine ureigene innere Reaktion darauf darzustellen, gerade wenn man stark angeregt wurde.
    Etwas anderes wäre nur auf Spekulation herausgelaufen – denn jede Erzählung „deckelt“ ja Diverses, was nicht sichtbar ist und sein kann.

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