Ein einziges Wochenende im deutschsprachigen Profifussball liefert ausreichend Beispiele, die aufzeigen, wie gering die allgemeine Frusttoleranz geworden ist.
Meisterschaftsspiel der alten Rivalen: Der unangefochtene Schweizer Primus FC Basel spielt gegen den chancenlosen, kriselnden FC Zürich. Als die Zürcher, bereits 0:3 hinten, beim Stand von 0:3 tatsächlich ein Tor schiessen, schiessen die „Fans“ Petarden aufs Spielfeld. Die werden umgehend von den Basler „Fans“ mit gleichem Geschütz beantwortet. Der Schiedsrichter beordert die Spieler zum Schutz in die Kabine.
Die Schweizer Nationalmannschaftskollegen Behrami und Djourou, „zusammen“ beim kriselnden HSV angestellt, gehen sich in der Kabine eines Meisterschaftsspiels an die Gurgel, sprichwörtlich, und prügeln auf einander ein.
Der Spieler Spahic, Innenverteidiger bei Leverkusen, prügelt sich mit den Ordnern des eigenen Vereins und streckt einen von ihnen zum Schluss mit einer Kopfnuss nieder.
Alles Sequenzen dieses Wochenendes aus dem Profi-Fussballgeschäft, einer Art moderner Ersatzreligion, beziehungsweise dessen, was die Allgemeinheit heute noch an Ausrichtung oder eben Ablenkung braucht – aber es ist keine Religion, es ist reine Unterhaltung, die überhöht worden ist zu einem riesigen Theater mit sehr viel Geld im Spiel und Menschen, die zu Helden stilisiert werden, wenn sie erfolgreich sind, und zu Verrätern, wenn sie das eigene Team in den Abgrund reissen. Und so, wie Fans Spielerbusse attakieren, so agieren auch die Spieler zunehmend. Im Sport ist so wenig Frusttoleranz zu beobachten wie in unserer Gesellschaft ganz allgemein.
Verlieren können? Wer im Verdacht steht, das in Betracht zu ziehen, wird doch heute schon als zukünftiger Looser gesehen. Die Welt tut gerade so, als bestünde ein Leben nur aus Siegen. Dabei gibt es das gar nicht. Der grösste Sieg ist im Umgang mit Niederlagen zu holen. Aber das ist nicht das, was der Sport verkaufen will. Nicht mehr.