Jedes Mal, wenn sich irgendwo auf der Welt eine Naturkatastrophe ereignet, sind sie schnell da, die Statements der Behörden des eigenen Landes: Fünftausend Einheimische sind tot, aber die hundert Schweizer im Land sind wohlauf.
Facebook und Google haben Zusatzfunktionen eingerichtet, mit denen Nutzer einfach bekannt geben können, dass sie zwar in Nepal, aber wohlauf sind. Nur Hubschrauber gelangen in die entlegenen Täler des Himmalaya und fliegen Trekker und Bergsteiger aus – und währenddessen weiss man kaum, wie schlimm die Folgen des Erdbebens in den schwer zugänglichen Regionen sind – die Kapazitäten an Fluggeräten werden offensichtlich anderweitig gebraucht.
Die Perversionen des Gefälles von Arm und Reich, von Touristen und Menschen in „ursprünglichen“ einheimischen Dörfern, wird wieder mal augenfällig. Und das Beispiel Nepal ist ein besonders Widersprüchliches, das die damit verbundene ewige Frage nicht zu klären vermag:
Sherpas und Begleitpersonal wie Köche, schleppen das schwere Gepäck der Touristen auf den langen Trekkingtouren, und die Diskrepanz zum Komfort der Touristen, in der Zeltunterbringung oder Ausrüstung zum Beispiel, ist unglaublich. Da kann man sich dann seinen Reim darauf machen, seinen hilflosen, und ich höre dann von Urlaubern, wie „anspruchslos“ die Einheimischen seien… Es ist tatsächlich eine Krux – soll man sich an den Verhältnissen stören und die Ausbeutung vermuten, oder sich mit den Krümeln rechtfertigen können, die ja doch bei den armen Teufeln ankommen?
Die fest hockenden Bergsteiger am Mount Everest werden nun mit riesigem Aufwand aus der Region geborgen – und man hört von der Sorge, dass die einzige Einnahmequelle des Landes durch dieses Ereignis dauerhaft Einbusse erleiden könnte. Aber was kam und kommt denn davon bei den armen Menschen des Landes an? Die Tourismusindustrie Nepals ist ein Geschäft – aber 40% der Nepalesen sollen unter der Armutsgrenze leben… und wir können alle sicher sein, dass „Armutsgrenze“ für diese Menschen etwas anderes umschreibt als Armut in der Schweiz…
Wir wären schon körperlich nie zu den grossen Treckingtouren in Nepal fähig gewesen, aber alles, was wir davon hörten, nur schon das Problem des immer mehr fehlenden Brennholzes, lässt mich denken: Ich bin froh, musste ich nie meine persönliche Lust auf Abenteuer oder schlicht Naturerlebnis mit dem Schaden abwägen, den ich dabei wohl verursache – eine Abwägung, die uns andernorts auf der Welt auf zwanzig Fernreisen bestimmt auch nicht objektiv gelungen ist.