Ressort: Gesellschaft(Weitere Infos)

21.Juli 2015, 7:35

Kein Supermario, kein Götze für uns. Ein Mensch für sich.

Es gibt Sonnenkönige des Fussballs, wie den Kaiser Franz oder Pélé. Es gibt die Individualisten und Querdenker wie George Best, Paul Breitner oder Johan Cruyff. Und es gibt die stumm bleibenden Genies, deren Knopf nicht völlig aufgeht – und mit denen die Öffentlichkeit nicht so richtig was anfangen kann. Der WM-Siegtorschütze Mario Götze ist so einer.

Er hat ein wahres Goldfüsschen, besitzt eine unnachahmliche Körperbeherrschung im Umgang mit dem Ball und ist dabei in den kurzen Aktionen blitzschnell. Er hat alles, was es auf dem Platz braucht, um ein absoluter Superstar zu sein. Für die Dortmunder war er einer, für seine Kumpels blieb er da Mensch. Doch Dortmund ist nicht das Ende der Fahnenstange. Dortmund ist was für Fussballenthusiasten, welchen die nächste Niederlage in der grössten Euphorie schon um die nächste Ecke droht. Bayern ist anders. In Bayern gehen sie mit Titeln ins Bett und stehen mit der Selbstverständlichkeit auf, nun den nächsten zu holen. In Deutschland gibt es nichts Grösseres. Also wechselte Götze – und blieb in Bayern der Junge, der er vorher war. Ein wenig verschlossen, ein wenig in sich gekehrt, auf dem Platz genial. Manchmal genial. Aber verkaufen, darstellen kann sich Mario Götze neben dem Platz nicht. Vor dem Mikrofon, der Kamera, bei Journalisten bleibt er bestenfalls respektiert… aber seine Art, wenn man ihn denn überhaupt mal sieht, lädt altgediente Journalisten wie junge Volontäre irgendwie dazu ein, die Geduld mit ihm zu verlieren – und das ist längst geschehen, ganz egal, ob irendwer dazu irgend ein Recht hätte. Götze macht hibbelig, während er stoisch bleibt. Viel zu selten blitzt das Geniale auf. Aber Journalisten wollen Geschichten, wollen, dass die Show an der Seitenlinie weiter geht und die Person in kurzen Hosen für das kurze Statement etwas hergibt. Daraus werden dann die grössten Geschichten gemacht. Und weil Götze dafür nicht taugt, nährt sich der Verdacht, dass er überhaupt nichts taugt. So absurd das auch ist! Medien teilen Menschen in Typen ein und reiben sich an jeder Verweigerung, die sie spüren. Und Medien schüren das Bild der Massen, das wir uns dann am Ende alle zu eigen machen. Der Götze ist so und so. Punkt.

Und nun soll er also auch noch unbedarft bis blöd sein, das Jungchen. Auf der Asienreise der Bayern ist ein Satz von Götze kolportiert worden, in dem er gesagt haben soll, dass er chinesischen Essen sehr mag. besonders auch Sushi. Punkt.

Grosses Geschrei, schnelle Twitterverbreitung, Gelächter allenthalben. Was für eine Banause.

Nur: Das Zitat war nicht vollständig. Götze sagte wirklich, er möge auch Sushi, also japanisches und überhaupt asiatisches Essen.

So arbeiten Medien, so breiten sich heute Dinge und damit Bilder über Menschen aus – und es ist interessant, wem das eher geschieht, und wem eben nicht. Mario Götze kann und will nicht aus der Haut, und er spielt damit besser Fussball als 99,999% aller, die jemals gegen einen Ball gekickt haben. Aber bespassen will er uns nicht. Also macht man sich einen Spass mit ihm. Und dann den nächsten. Und die Berichterstattungen über Wechselabsichten werden immer schneller in die Runde geworfen. Götze zieht das Malheur an. Und er hat dazu auch noch einen Trainer, der wenig dafür tut, diesem Trend entgegen zu treten. Mario Götze ist an der Spitze angekommen, und ihm dürfte oft kalt sein. Mir auch. Ich kann kaum hinsehen.

 

Ein Gedanke zu „Kein Supermario, kein Götze für uns. Ein Mensch für sich.

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