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17.Oktober 2015, 7:58

Auch Deutschland hat den Fussball korrumpiert

Nun liegt der Mist also auf dem Tisch: Lichtgestalten des DFB haben die WM 2006 nach Deutschland „geholt“. Und dabei jene Regeln beachtet, die dafür eben nötig waren. Hat der Spiegel recht, sind ganz einfach Stimmen gekauft worden.

Nun wird er anfangen, der Sturm in den Leitmedien, und jedes Presseorgan wird sich vorschieben mit Brennpunkt-Sendungen, Recherchen – und mit Kommentaren zum schändlichen Tun, denn mindestens vier Stimmen aus dem Exekutivkomitee sollen gekauft worden sein.

Was ich mich allerdings frage: Wo waren all die Journalisten bisher, wenn es um die FIFA im 21. Jahrhundert ging? Da wurde auf den König des Fussballs gezielt, den Blatter Sepp, ohne je den Blattschuss ansetzen zu können. Dafür brauchte es schon die amerikanische Justiz.

Ich habe mich all die Jahre immer mal wieder gefragt, warum sich eigentlich die deutschen Medien – neben vielen anderen – vor allem mit dem Präsidenten im FIFA-Palast beschäftigen mochten, aber kaum eine kritische Frage zum Tun der deutschen Mitglieder im Exekutivrat stellen wollten? Denn am Ende hat nicht Blatter die WM 2006 nach Deutschland vergeben – und auch nicht für 2022 nach Katar. Oder, was unangenehm selten erwähnt wird, für 2018 nach Russland.

In letzter Konsequenz ist die FIFA genau so mies, wie es die Mitgliedsländer zulassen, bzw. weil sie eben viel zu oft und viel zu kräftig mitspielen:

In all diesen Prozessen waren deutsche Funktionäre massgeblich involviert, und kaum je vernahm man eine kritische Frage der Medien, was denn die eigenen Repräsentanten so tun in diesem Exekutivrat, dieser Kurie des Weltfussballs? Beckenbauer war Mitglied des Exekutivrates, der die WM nach Katar vergab. Hat je ein Journalist hartnäckig danach gefragt, wem er denn für die WM 2022 die Stimme gegeben hat? Und wie mutet es an, dass der Kaiser als bezahlter Gazprom-Botschafter für die WM in Russland amtet?

Warum beschäftigte sich die Kritik der Presse und des Fernsehens so gerne mit dem FIFA-Präsidenten und unterliess die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Verband?

Nun, da füttern sich zwei wohl gegenseitig, denn die Spiele der Fussballnationalmannschaft sind so ziemlich das letzte Butterbrot, das die öffentlich rechtlichen TV-Sender – wenigstens noch teilweise – vorgesetzt bekommen, wenn auch immer weniger vom Happen für immer mehr Geld. Vielleicht erleichtert dies ja nun den kritischen Blick auf den Schacher, der da allzu häufig im Hintergrund abläuft, auch und gerade mit Unterstützung der grossen Verbände, die in erster Linie ihre Interessen gewahrt sehen wollen. Alles andere ist Schönfärberei. Unerträglich, wenn die Medien dabei mitmachen.

 

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