Sonntagslektüre. Ich überfliege eine Wirtschaftsnachricht. Und bleibe stecken: Schlechte Daten vom Arbeitsmarkt in den USA festigen das Börsenhoch. Besser könnte uns nicht vorgeführt werden, wie sehr unser ganzes System seine Balance verloren hat.
Nach der Theorie sind Aktieninhaber die Inhaber der Firmen, an denen sie Aktien halten. Die Papiere steigen im Wert, wenn die Firma erfolgreich ist. Sind die Arbeitsmarktdaten gut, werden also mehr Jobs geschaffen, bedeutet das, dass die Wirtschaft sich positiv entwickelt, das Auftragsvolumen steigt, die einzelnen Firmen bessere Chancen auf Gewinne haben. Arbeit Suchende wie Aktionäre freuen sich.
Aber die Reflexe sind ganz andere: Schlechte Arbeitsmarktdaten bedeuten, dass die Wirtschaft weiter Anreize braucht und die Notenbanken deshalb die Zinsen tief halten werden. So tief, dass nur Aktien Gewinne auf Kapital versprechen, während jede Verzinsung von Einlagen unattraktiv bleibt. Das macht Aktien attraktiv und gefragt, weil private Sparer wie Penskionskassen geradezu in die Aktien gezwungen werden, um eine Altersversorgung überhaupt denkbar zu halten – mit unabschätzbaren Risiken: Denn das Niedrigzins-Medikament für die Wirtschaft schlägt kaum mehr an und gräbt uns damit unsere Falle immer tiefer: Je länger je mehr wird jede kleinste Trendwende tatsächlich zu einem Fiasko werden können. Für die Spekulanten wie für die Arbeitnehmer.