Meryl Streep reibt sich an ihrem zukünftigen Präsidenten. Und wir alle stehen immer wieder unter der Wirkung, die Personen des öffentlichen Lebens durch ihr Auftreten haben, auf jeden von uns. Erfolgsmenschen verändern unsere Akzeptanz für die Formen des Miteinanders.
Meryl Streep hält an der Golden Globe – Verleihung, wo sie für ihr Lebenswerk geehrt wurde, eine beeindruckende Rede. Wie so viele Intellektuelle und Künstler reibt sie sich am Unflat, als welcher ihr zukünftiger Präsident auftritt. Nach G.W. Bush ist fürviele Amerikaner nun wieder fremdschämen angesagt. Aber Streep’s Botschaft geht viel weiter, und sie spricht etwas an, was sich leider Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens erst recht nicht mehr bewusst sind:
Sie bewirken mit ihrem Auftreten nicht nur eine spontane Reaktion, die sie vielleicht durchaus für ihre Zwecke nutzen können – sie haben eine vertiefte Wirkung mit Langzeitfolge. Unser Umgang mit Prominenten und deren Auftreten ist tatsächlich das Spiegelbild der Gesellschaft, und daran, wie dieser Auftritt ausfällt, misst so mancher die Bewertung des eigenen Verhaltens. Mag es auch nicht mehr als chic gelten, Vorbilder zu haben und sie auch zu nennen, so sind wir doch ständig damit beschäftigt, solche Persönlichkeiten zu beobachten, zu bewerten – und ihre Ausstrahlung wirkt auf uns, auch wenn wir sie ablehnen. Und über allem steht die Frage: Wie lautet meine Antwort, wie verhalte ich mich selbst, welche Massstäbe gelten? Was wird mir vorgeschrieben und nach was richte ich mich selbst?
Menschen wie Trump bauen ihre Karriere auf Konfrontation auf, und leider lässt sich nicht sagen, dass dies in jedem Fall eingeschlagene (eigene) Köpfe zur Folge hat. Was aber ganz sicher ist: Sie verändern im Erfolgsfall die generelle Atmosphäre, und sie machen die Respektlosigkeit gesellschaftsfähig, weil Erfolg immer Nachahmer findet. Die Folgen sind unabsehbar, aber sie sind ganz sicher nicht von der Art, dass wir dadurch die Demut vor dem Leben, die Dankbarkeit für unsere Chancen und die Weitsicht bewahren, den Erfolg nicht nur unserer Genialität zuzuschreiben.
Väter und Mütter, Freunde und Bekannte, Mitarbeiter und Chefs: Ihr, wir alle sind gefordert, in unserem eigenen kleinen Kosmos so zu leben und leben zu lassen, wie wir uns wünschen, selbst respektiert zu werden – sollten wir das Pech haben, dass wir nach der gängigen Definition eines erfolgreichen Menschen gerade mal nicht zu den Siegern gehören. Mitglied der Gesellschaft sind wir und bleiben wir auch dann, und gemeinsam entscheiden wir, wie sehr dies auch eine Gemeinschaft bleibt.