Ressort: 10 Minuten(Weitere Infos)

20.März 2021, 23:50

10min schreiben über: Ganzheitlichkeit

So viele von uns sind heute zu Netzwerkern geworden. Wir vernetzen uns weitläufig und tiefgehend, um möglichst ganzheitlich abschöpfen zu können, was uns irgendwann mal an Kontakten hilfreich sein könnte. Wir wollen alles, das Ganze, wir träumen von der Übersicht. Dabei ist uns vernetztes Denken nach wie vor eine Herausforderung, an welcher wir immer scheitern, und viel früher, als wir es uns zutrauen, wenn wir von den grossen Eingriffen in die Natur sprechen. Wir verändern einen Baustein, manipulieren ein Gen, transferieren Stammzellen und machen Mensch und Natur zur Reperaturstelle. Wir flicken drauflos – und haben dabei keine Ahnung, was wir damit an Wechselwirkungen und Folgeentwicklungen auslösen. Wir haben so viel gelernt über „die Welt“ – und wissen dabei so wenig. Und genau das müsste uns doch als tiefste Erfahrung bleiben. Doch die Realität ist genau die umgekehrte. Wir denken begrenzt, und beobachten eben auch zeitlich kurzfristig, was wir auslösen – vorausblickend können wir das eh nicht.

Die Ganzheitlichkeit im Denken, welche der Schutz der Natur oder des Klimas im Speziellen erfordern würde, überfordert uns. Dabei scheitern wir schon an der Übungsanordnung, denn schon wie wir Ganzheitlichkeit definieren, ist von unseren Prioritäten abhängig, und solche setzen wir immer. Niemand von uns gewichtet alles gleich, ist komplett wertfrei gegenüber Einschränkungen, die irgend jemand für uns zum Wohle anderer oder Aller andenkt. Und wie bitte wollen wir nur schon neutral berechnen können, was für einen bestimmten Flecken Erde denn besonders wichtig wäre? Die Verbesserung der Luftqualität oder des Grundwassers? Was schützen wir zuerst und wie effektiv, und welcher Eingriff hat denn tatsächlich welchen Effekt und wie schnell?

Die Energiebilanz des Elektroautos ist ähnlich mies wie die des Diesels, aber es stinkt halt schon viel weniger vor der Haustür. Ganzheitlichkeit wirklich zu versuchen, sie im Denken anzustreben, ist schon eine Charakterfrage. Und auch wenn wir dabei gar nicht erfolgreich sein können, wäre es wohl ehrlicher und darum auch zielführender, wenn wir uns schon dieser Problematik gleich zu Beginn bewusst wären. Auf dass kein Hochmut über uns komme. Das Verzagen daran dann zu verhindern, ist die wohl noch grössere Aufgabe. Mit dem Versuch, weniger zu verbrauchen, können wir allerdings GANZ am Anfang jedes Tages neu beginnen.

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