Das Netz ist momentan voll von anekdotenreichen Erzählungen von den ersten Fussballweltmeisterschaften anno 1930. In Uruguay fand sie statt, und das nur, weil es das einzige Land war, das sich – in quasi letzter Minute – überhaupt bereit erklärte, die WM durchzuführen. Qualifizieren musste man sich nicht – nur die Einladung, in Zeiten der Weltwirtschaftskrise, annehmen. Was immerhin vier Mannschaften aus Europa taten. Frankreich, Belgien, Rumänien und Jugoslawien reisten mit dem Schiff an, denn es gab ja noch keine Interkontinentalflüge. Die Überfahrt dauerte gut zwei Wochen, welche die Mannschaften gemeinsam absolvierten, trainiert wurde dabei nicht viel… der jugoslawische Torhüter soll auf der Reise 16kg an Gewicht zugelegt haben…
Der hohen Kosten wegen sollten alle Partien in einem Stadion ausgetragen werden – doch das war zu Beginn der Spiele noch gar nicht fertig gebaut, so dass die ersten Begegnungen „auswärts“ ausgetragen werden mussten. Obwohl eine Tribüne auch danach nicht fertig gestellt war, fasste das Stadion in Montevideo 80td Zuschauer – es entstand das damals grösste Fussballstadion Südamerikas.
Diese erste FIFA-Weltmeisterschaft kreierte auch den ersten grossen Skandal. Als der französische Stürmer alleine auf das argentinische Tor zulief, und kurz davor war, den Ausgleich zu erzielen, pfiff der brasilianische Schiedsrichter die Partie ab. Dass das sechs Minuten zu früh war, löste endlose Diskussionen aus, bis der Schiri die Spieler schliesslich aufs Spielfeld zurück beorderte – die Uruguayer mussten teilweise aus der Dusche geholt werden. Die Partie wurde zu Ende gespielt, Frankreich verlor trotzdem.
Im Halbfinal zwischen Uruguay und Jugoslawien übersah der gleiche Schiedsrichter, dass ein neben dem Tor postierter Polizist den Assist zum 2:1 der Uruguayer spielte.
Den Schiedsrichter fürs Finale zu finden, war gar nicht so einfach. Der schliesslich auserwählte Belgier Langenus war nur bereit, diese ehrenvolle Aufgabe zu übernehmen, wenn im Hafen ein Fluchtboot für ihn bereit gehalten würde. Weil die Emotionen zwischen Uruguay und Argentinien hoch kochen konnten, bestand er auf einer Waffenkontrolle beim Einlass der Zuschauer – tatsächlich wurden 1600 Revolver von den Zuschauern eingesammelt. Die Mannschaften stritten bis kurz vor Anpfiff über das Spielgerät. Der uruguayische Ball war anders zusammengenäht als der argentinische – schliesslich wurde mit jedem Ball eine Halbzeit gespielt.
Uruguay wurde erster Weltmeister der Fussballgeschichte. Die Mannschaft hatte zuvor schon zweimal das Olympiaturnier gewonnen und war die damals anerkannt beste Mannschaft und José Leandro Andrade der beste Spieler der Welt. Allerdings hatte Argentinien in der ersten Halbzeit noch geführt, stand aber schlussendlich nur noch mit acht Spielern auf dem Feld wegen Verletzungen. Ausgewechselt durfte damals noch nicht werden…
Kaum zu glauben, aber die WM ist dennoch der Beginn einer unglaublichen Erfolgsgeschichte:
„Wir Europäer waren uns einig: Jeder, der nicht dabei war, hat einen Fehler gemacht.“
Mihailo Andrejevic (jugoslawischer Verbandssekretär, Jahre später)