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19.Juli 2022, 2:40

Polarität

Ich versuche hier nicht eine wissenschaftliche Abhandlung eines Fachbegriffs. Das Wort erinnert mich vielmehr an die Wesensart der kreativen Energie.

Ich denke, dass viele Menschen, die kreativ Werke erschaffen und sich dabei nach ihren inneren Antrieben und nicht so sehr nach Terminvorgaben richten müssen, diese Feststellung machen: Es gibt tatsächlich manisch aktive und im Gegensatz dazu eher verharrende, blockierende Phasen, in denen Kreativität kaum gebündelt werden kann.

Persönlich stelle ich fest, dass das Letztere mir wohl oft unbewusst dazu dient, mich neu auszurichten. Es ist eine eher trüb empfundene Zeit, in der ich antriebslos scheine, doch ganz eindeutig arbeitet immer „etwas“, oder wohl eher ganz Vieles in mir. Und wenn dann die Tasten aktiviert werden, dann fliegen die Finger auch oft eher über sie hinweg, als dass Worte noch gesucht werden müssten.

In diesem Wechselbad sind dann auch die Themen dabei, sich auszubilden und zu festigen, und ganz oft wird etwas nicht rund – oder in den eigenen Widerständen nicht so akzentuiert greifbar, dass daraus ein Text werden könnte, der eine Richtung weist: Polarität kann auch auf den Inhalt anwendbar sein, wenn Differenzierung möglich wird, heiss und kalt, weiss und schwarz sich vermengen und dabei kein Brei herauskommt, sondern eine von einer individuellen Energie getragene Stossrichtung, die dann wahrhaftig mit mir selbst zu tun hat – und sei es auch nur die Abbildung einer Etappe im Prozess mit einem Thema.

Und womöglich ist Schreiben ein so einsamer Prozess, dass sich ihm auszuliefern bedeutet, dass man auch ganz viel Mut aufbringen muss, mit sich allein zu sein – nur weiss ich noch immer gar nicht, ob dafür eine manische oder eher eine depressive Phase besser geeignet ist – und in welcher Reihenfolge. Depression auch hier eher verstanden als die Brocken schleppende Auseinandersetzung auf dem steinigen Weg der Selbstreflexion.

2 Gedanken zu „Polarität

  1. Menachem Welcland

    In jedem deiner Sätze finde ich mich selbst wieder. Oft denke ich, – alles was zu schreiben war, habe ich geschrieben. Und dennoch fühle ich große Räume hinter mir, die noch unbeleuchtet im Dunkeln liegen. Manchmal denke ich, komm- lass gut sein. Aber auch sehr häufig fühle ich den Reiz in mir, da nochmal hinein zu gehen. Den Mut dazu, so glaube ich wenigstens, fehlt mir nicht, – doch steht die Frage im Raum: Wozu?

    Gerade heute meinte ich, dass ich mich ein Stückchen selbst neu erfinden muss. Da ist nicht nur der Reiz des Neuen, nein,- es ist auch egoistischer, geistiger Selbsterhaltungstrieb. Und ich denke weiter, dass sich manische und depressive Phasen dabei einander bedingen. Aber zur Frage der Reihenfolge, dazu stehe ich im Moment noch selbst auf dem Schlauch ))

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    1. Thinkabout Beitragsautor

      Lieber Menachem

      Die Meisten von uns haben ihre Themen, die wie zu ihnen gehören – und auf die sie immer wieder zurückkommen. Die Betrachtungen und Reflexionen darüber sind nie abgeschlossen. Auch darin gibt es Wachstum – und Orientierung. Und ja, natürlich wachsen daraus auch neue Blicke und neue Themen oder Variationen – und im segensreichsten Falle kriegen wir den Blick darauf aus einer gefassteren Ruhe – zwischen den Polen.

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