Ressort: Lebenskunst(Weitere Infos)

28.August 2022, 23:00

Gutes mitteilen ist Gutes tun

Ich gehe in Restaurants, die geöffnet haben. Aber ganz offensichtlich ist der Betrieb nicht der gleiche, wie vor Corona. Oder ich höre von Anlässen, die nicht mehr durchgeführt werden. Vielleicht später. Mit angepasstem Konzept. Die Krise ist nicht überwunden. Und sie wird überlagert von anderen Sorgen. Und da und dort kannst du von den psychischen Folgen der Pandemiemassnahmen lesen. Wie schlimm alles sein mag oder wie wenig schlimm – ich mag es nicht beurteilen. Jede Person nimmt es anders wahr. Aber wenn du betroffen bist?

Wir können zurück blicken und uns fragen, warum uns wann was über den Kopf wuchs? Oder wie wir mit einander umgegangen sind? Und da meine ich alle Lager der Disputanten. Wirklich alle. Wir haben das Mass verloren – und damit manche Nähe erst recht unmöglich gemacht.

Etwas könnten wir alle doch auf Grund der Erfahrungen mitnehmen, in jeden neuen Tag: Wir sollten mehr mit einander reden. Oder auch mehr schreiben. Vor allem, wenn wir was Schönes über jemanden denken. Wie oft fällt uns etwas positiv auf, ohne dass wir es mitteilen? Und dann kommt der neue Tag und neues Erleben, und irgendwie ist es dann zu spät. Was nicht schlimm ist. Aber eben auch nicht schön. Und mehr Schönes brauchen wir eindeutig. Nicht so sehr den uneingeschränkten Konsum, die Vielfalt von Vergnügen – aber das gute Wort, die persönliche Begegnung, ein Kompliment, wahrhaftig gute Wünsche, ehrliches Nachfragen zum Befinden, Zeit für ein Gespräch, ein Telefonat, für eine liebe Nachricht, ein kleinstes Zeichen, das bezeugt: Ich denk an Dich.

Und die alten Menschen, die wir so sehr schützen wollten? Wenn wir welche kennen, die wenigstens keine finanziellen Sorgen haben, so werden sie uns wohl berichten können, dass sie über die Jahre immer weniger Post bekommen haben… höchstens noch vom Bankberater, zum Geburtstag und zu Weihnachten… Niemand sollte einsam sein, vergessen gehen, aus dem Sinn geraten!

Menschen müssen natürlich mit sich selbst auskommen. Sie schlafen schliesslich jeden Abend mit sich selbst ein – und mit niemandem sonst. Aber der helle Gedanke an einen schönen Moment, ein einfaches Wort, einen Posteingang kann uns mit einem Lächeln einschlafen lassen. Das schenkt schöne Träume, tieferen Schlaf und gibt Energie für den neuen Tag. Denn kein Wort, das gesprochen wird, geht wirklich verloren. Können wir es so deutlich an jemanden richten und damit weitergeben, so sollten wir es tun, ohne vorab zu denken, was die andere denn damit anfangen werde? Fühlst Du Gutes, so sprich es aus. Und es wird einen Kontrapunkt setzen zu jeder Belanglosigkeit und Gedankenlosigkeit, die auch zu unseren Tagen gehört, aufgenommen an jeder Ecke und in jedem asozialen Medium.

3 Gedanken zu „Gutes mitteilen ist Gutes tun

  1. von Relax

    Mal wieder ein typischer Thinkabout-Impuls, der mich zum Innehalten bringt. Wobei ich mich gleich mal vom Titelanspruch löse: Gutes mitteilen ist Gutes tun. Aber Zuhören und Sprechen fällt im weitesten Sinne in die Impuls-Kategorie. Alten Alleinstehenden, aber auch Paaren, schreibe ich seit langer Zeit konventionelle Feriengruss-Karten, weil ich mir sicher bin, dass dieses Stück Karton mit Fotos drauf und Platz für Text auf der Kehrseite, den Empfängern emotionale Freude bereitet. Angefangen an der simplen Feststellung: er hat mich nicht vergessen.

    Ich bin gerade in den Ferien und bin bei der Gedankenabklärung, wie viele Karten soll ich kaufen, schmerzlich daran erinnert worden, dass ich statt fünf Karten lediglich noch eine kaufen muss, weil ich mehrere liebe Menschen in den vergangenen 15 Monaten durch Tod verloren habe. Dabei komme ich zur Einsicht, dass ich Gottseidank immer wieder vor Ferienende – zwei Tage vor Rückflug – hingesessen bin und Zeilen geschrieben habe. Der Text landet ja nicht im Wettbewerb! Nein, man muss einfach den inneren Schweinehund überwinden und sich Zeit nehmen für einige individuelle Mitteilungen aus den Ferien. Texte wie sie früher selbstverständlich waren. Heute bleibt das aus, bzw. wird durch Email oder WhatsApp ersetzt. Aber es gibt ältere Leute, mit klarem Verstand, die weder über ein Email-Account noch über ein Handy verfügen. Klingt das komisch! Nein meine Feststellung beruht nicht einfach auf der übersichtlichen Anzahl Senioren die ich kenne!

    Ich bin Mitglied im Swiss Finance Chapter, einem Banker Interessen-Verband. Da hörte ich an der GV im Frühjahr, dass Hunderte von Senioren KEIN Email Account haben, weshalb die Newsletter nicht kosteneffizient zugestellt werden können.

    Zeit fehlt immer und ständig, aber wenn man Freude schenken will, dann ist ein bisschen Zeitaufwand selbst bei Kartengrüssen die unvermeidbare Währung, um das Ziel zu erreichen: Einsamen und/oder Alten, eine Prise Seelenfreude zukommen zu lassen.

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    1. Thinkabout Beitragsautor

      Lieber Relax
      Tatsächlich kenne ich niemanden, der diese gute alte Sitte so intensiv pflegt wie Du. Und dabei auch eine Verkörperung lebt. Es ist eben – nach der Überwindung des inneren Schweinehunds – ein tatsächliches Zeugnis, dass Du als Schreibender Dir Zeit für den Adressaten genommen hast. Mehr, als er braucht, um die Grüsse zu lesen, aber womöglich weniger als die Zeit, in der die Geste beim Empfänger nachwirkt.

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  2. Harald Steinfort

    „Fühlst Du Gutes, so sprich es aus.“
    Einer der besten Gedanken!! Das Gute nicht als selbstverständlich hinnehmen, sondern explizit machen. Wir werden eh schon zugeschüttet von Negativ-Nachrichten.

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