Ressort: Tagebuch(Weitere Infos)

27.Juni 2024, 6:03

Schreiben nach dem Stillstand

Der Versuch, Anlauf zu nehmen, um das zu pflegen, was immer schon wichtig war – und bleiben soll.

Diese Seiten sind so wichtig für mich. Ich weiss, dass der faktische Stillstand bei den neuen Inhalten das nicht gerade vermuten lässt. Aber ich würde nie wollen, dass es diese Seiten nicht (mehr) gäbe. Und das tippt jetzt gerade einer, der zeitlebens ein schwieriges Verhältnis zu seinem schon Geschriebenen behalten hat…

Was Leserinnen hier aufnehmen, was Leser an Anstössen empfangen mögen – gerade diejenigen, die mich auch persönlich kennen, ist etwas von dem, was ich nach aussen geben kann. Vielleicht bleibt nur ein Satz, vielleicht nur ein Eindruck, und wahrscheinlich ist alles flüchtig.

Das ist nicht weiter tragisch. Die Welt ist voll von fundamentalen Schöpfungen von Menschen, mit sehr viel grösseren Talenten, deren Werke Bestand haben. Aber auch nur relativ. Als Wimpernschlag in der Menschheitsgeschichte. Es ist unser aller Herausforderung, Vergessen zu akzeptieren – und hinter die fehlende Erinnerung zu schauen. Denn viel wichtiger als der äussere Ausdruck ist der Eindruck, den Erlebtes auf unser Wesen ausübt. Und Schreiben, ob hier oder still im Dialog nur mit mir, ist ein Versuch, eine Technik, ein Prozess, ein Verfahren, vorwärts zu kommen. Einen Schritt. Auf dem Weg, an dessen Ende die Aussicht, vergessen zu werden, keinen Kummer macht. Denn alles, was ich fühle und denke, arbeitet an und mit mir – und beinahe nichts davon wird mir bewusst.


Ich war immer auch ein politischer Mensch, ein Staatsbürger, ein überzeugter Demokrat und glühender Befürworter der direkten Schweizer Demokratie. Dieses Bewusstsein hat Risse bekommen. Dabei bin ich mir bewusst, dass ich zwar Meinungsstärke besitze, meine Meinung aber nicht geteilt werden muss und es auch mein Unvermögen ist, wenn sie sich nicht durchsetzt. Und mein Unvermögen ist auch mein Unwissen. Mein Halbwissen. Die Deutungen, die ich meinen Beobachtungen folgen lasse – sie mögen eine Bestandesaufnahme meines eigenen Meinungsprozesses sein, nicht mehr. Nur wäre es schön, es gäbe mehr Menschen, die ihre eigene andere Meinung, ihren Standpunkt, ähnlich verstehen würden.

Ausgerechnet enge Freundschaften haben die Corona-Zeit nicht überdauert. Das fühlt sich mies an. Ich bin verletzt, enttäuscht, durchgeschüttelt. Und bin mir bewusst, dass Freunde genau das Gleiche von mir denken mögen. Ich habe nicht „vermeintliche Freunde“ geschrieben. Ganz bewusst. Denn das Mindeste, was ich mir und anderen Liebes tun kann, ist, den Gleichmut aufzubringen dafür, dass ein jeder Mensch Situationen kennen lernt, in denen er glaubt, Position beziehen zu müssen. Wertungen werden zu Abwertungen anderer, weil ein fehlender Gleichschritt subversiv erscheint.

Ich werde wieder schreiben. Und ein Teil meiner Leser wird der gleiche sein wie „vorher“. Finden können soll jede und jeder bei mir schlicht die Anregung, sich persönlich Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen. Und genau dabei können wir, und das weiss ich ganz genau, freundschaftlich verbunden sein.

01.April 2024, 19:06

Für andere reden. Und für sich selbst.

Liebe ist, zu wissen, wann man nichts zu sagen braucht und wann man für jemand anderen etwas sagen muss, weil er es nicht kann.

Elif Oskan, befragt vom NZZ am Sonntag Magazin am 24. März 2024

Das habe ich in den letzten Jahren wohl oft getan. Manchmal war ich mir sicher, damit Gutes zu tun, manchmal fühlte ich mich vielleicht auch zu schnell dazu berufen.

Klar aber ist, dass wir in unserer Welt wieder viel mehr Situationen kennen, in denen es als besser erscheint, nichts zu sagen. Da mag es dann auch die Situationen geben, in denen wir womöglich uns selbst nicht lieb genug haben, um etwas zu sagen. Um DAS zu sagen, was wir denken und gerade empfinden.

09.Januar 2024, 19:19

Paket mit Tempo. Oder?

Letztes Jahr habe ich bei einem der grössten Online-Händler der Schweiz – abends – wieder mal was bestellt, und mich am Ende des Bestellungsvorgangs gefreut. Nicht weil da stand: „Lieferung erfolgt bis morgen Abend.“

Sondern weil darunter folgte: Wenn ich generell mit einer Lieferung in 2-3 Tagen einverstanden wäre, könnte ich das entsprechend, wirksam für mein Kundenkonto, hier ankreuzen. Damit würde das eigene Logistik-Personal entlastet.

Das habe ich dann mit Freude getan, denn wie oft brauche ich Wochen des Überlegens für ein Teil, ohne das ich bisher jahrelang ausgekommen bin?

Lebenserfahrung

Allerdings wird seither bei Bestellungsvorgängen am Ende immer, gut sichtbar, danach gefragt, ob ich keine Express-Lieferung ohne Kostenfolge wolle, dann wäre mein Teil morgen Abend schon bei mir?

Die Welt ist irgendwie verkehrt. Oder? Ich kenne noch die Zeiten, als samstags gar keine Post ausgetragen wurde. Das Leben lebte sich auch so. Gearbeitet wurde allerdings eher mehr als heute. Aber stressfreier. Mit einer Erwartungshaltung, die bei mehr Gelassenheit freieres Atmen erlaubte. Auch bei der Arbeit.

28.August 2022, 23:00

Gutes mitteilen ist Gutes tun

Ich gehe in Restaurants, die geöffnet haben. Aber ganz offensichtlich ist der Betrieb nicht der gleiche, wie vor Corona. Oder ich höre von Anlässen, die nicht mehr durchgeführt werden. Vielleicht später. Mit angepasstem Konzept. Die Krise ist nicht überwunden. Und sie wird überlagert von anderen Sorgen. Und da und dort kannst du von den psychischen Folgen der Pandemiemassnahmen lesen. Wie schlimm alles sein mag oder wie wenig schlimm – ich mag es nicht beurteilen. Jede Person nimmt es anders wahr. Aber wenn du betroffen bist?

Wir können zurück blicken und uns fragen, warum uns wann was über den Kopf wuchs? Oder wie wir mit einander umgegangen sind? Und da meine ich alle Lager der Disputanten. Wirklich alle. Wir haben das Mass verloren – und damit manche Nähe erst recht unmöglich gemacht.

Etwas könnten wir alle doch auf Grund der Erfahrungen mitnehmen, in jeden neuen Tag: Wir sollten mehr mit einander reden. Oder auch mehr schreiben. Vor allem, wenn wir was Schönes über jemanden denken. Wie oft fällt uns etwas positiv auf, ohne dass wir es mitteilen? Und dann kommt der neue Tag und neues Erleben, und irgendwie ist es dann zu spät. Was nicht schlimm ist. Aber eben auch nicht schön. Und mehr Schönes brauchen wir eindeutig. Nicht so sehr den uneingeschränkten Konsum, die Vielfalt von Vergnügen – aber das gute Wort, die persönliche Begegnung, ein Kompliment, wahrhaftig gute Wünsche, ehrliches Nachfragen zum Befinden, Zeit für ein Gespräch, ein Telefonat, für eine liebe Nachricht, ein kleinstes Zeichen, das bezeugt: Ich denk an Dich.

Und die alten Menschen, die wir so sehr schützen wollten? Wenn wir welche kennen, die wenigstens keine finanziellen Sorgen haben, so werden sie uns wohl berichten können, dass sie über die Jahre immer weniger Post bekommen haben… höchstens noch vom Bankberater, zum Geburtstag und zu Weihnachten… Niemand sollte einsam sein, vergessen gehen, aus dem Sinn geraten!

Menschen müssen natürlich mit sich selbst auskommen. Sie schlafen schliesslich jeden Abend mit sich selbst ein – und mit niemandem sonst. Aber der helle Gedanke an einen schönen Moment, ein einfaches Wort, einen Posteingang kann uns mit einem Lächeln einschlafen lassen. Das schenkt schöne Träume, tieferen Schlaf und gibt Energie für den neuen Tag. Denn kein Wort, das gesprochen wird, geht wirklich verloren. Können wir es so deutlich an jemanden richten und damit weitergeben, so sollten wir es tun, ohne vorab zu denken, was die andere denn damit anfangen werde? Fühlst Du Gutes, so sprich es aus. Und es wird einen Kontrapunkt setzen zu jeder Belanglosigkeit und Gedankenlosigkeit, die auch zu unseren Tagen gehört, aufgenommen an jeder Ecke und in jedem asozialen Medium.

19.Juli 2022, 2:40

Polarität

Ich versuche hier nicht eine wissenschaftliche Abhandlung eines Fachbegriffs. Das Wort erinnert mich vielmehr an die Wesensart der kreativen Energie.

Ich denke, dass viele Menschen, die kreativ Werke erschaffen und sich dabei nach ihren inneren Antrieben und nicht so sehr nach Terminvorgaben richten müssen, diese Feststellung machen: Es gibt tatsächlich manisch aktive und im Gegensatz dazu eher verharrende, blockierende Phasen, in denen Kreativität kaum gebündelt werden kann.

Persönlich stelle ich fest, dass das Letztere mir wohl oft unbewusst dazu dient, mich neu auszurichten. Es ist eine eher trüb empfundene Zeit, in der ich antriebslos scheine, doch ganz eindeutig arbeitet immer „etwas“, oder wohl eher ganz Vieles in mir. Und wenn dann die Tasten aktiviert werden, dann fliegen die Finger auch oft eher über sie hinweg, als dass Worte noch gesucht werden müssten.

In diesem Wechselbad sind dann auch die Themen dabei, sich auszubilden und zu festigen, und ganz oft wird etwas nicht rund – oder in den eigenen Widerständen nicht so akzentuiert greifbar, dass daraus ein Text werden könnte, der eine Richtung weist: Polarität kann auch auf den Inhalt anwendbar sein, wenn Differenzierung möglich wird, heiss und kalt, weiss und schwarz sich vermengen und dabei kein Brei herauskommt, sondern eine von einer individuellen Energie getragene Stossrichtung, die dann wahrhaftig mit mir selbst zu tun hat – und sei es auch nur die Abbildung einer Etappe im Prozess mit einem Thema.

Und womöglich ist Schreiben ein so einsamer Prozess, dass sich ihm auszuliefern bedeutet, dass man auch ganz viel Mut aufbringen muss, mit sich allein zu sein – nur weiss ich noch immer gar nicht, ob dafür eine manische oder eher eine depressive Phase besser geeignet ist – und in welcher Reihenfolge. Depression auch hier eher verstanden als die Brocken schleppende Auseinandersetzung auf dem steinigen Weg der Selbstreflexion.

13.Juli 2022, 0:15

Das Zipperlein darf unwichtig werden

Warum treibst du Sport? Bist du gut darin? Wie wichtig ist dir das? Ich habe als Junge und junger Mann leidenschaftlich gerne Fussball gespielt, und heute spiele ich Tennis. Eigentlich war ich der Meinung, dass ich in jedem Sport, für den man einen (runden) Ball braucht, ganz gut zurecht komme. Nun, die Verklärung der Erinnerung an die Fussballerzeiten nimmt mit dem zunehmenden Alter ab… ein schmerzliches Beispiel dafür, dass Erinnerungen auch gern so was wie Erfindungen werden… und im Tennis, zum Teufel, ist die Erkenntnis der höchst relativen Begabung quasi live über mich gekommen…

Im Tennis fordert praktisch jede Spielsituation ein reaktives Verhalten auf eine dynamisch entstehende Situation, und streng genommen ist keine einzige Aktion genau gleich wie eine frühere, auch wenn man für die unterschiedlichsten Situationen den „richtigen“ Schlag trainiert – und das natürlich auch Sinn macht und Sicherheit schaffen kann. Koordination und Timing sind eine faszinierende Herausforderung, und ein technisch gelungener Schlag, ein ideal getroffener Ball, verschafft ein tolles Gefühl.

Gott sei Dank, würde man meinen, gibt es da auch noch den Aufschlag. Die einzige Situation, der einzige Schlag, bei dem du die absolute Kontrolle hast. Du bestimmst das Timing, du hast Zeit. Und genau dieser Schlag, mit dem ich den Ballwechsel beginne, funktioniert bei mir nicht. Noch schlimmer. Nicht der Schlag an sich, von dem man durchaus mit Recht sagen kann, dass er in seinem Ablauf komplex ist, funktioniert bei mir nicht. Ich komme gar nicht so weit. Es ist der Ballwurf, der mich schon wahnsinnig macht. Den gelben Filzball mit der linken – ruhigen – Hand in vernünftige Höhe, sagen wir höchstens anderthalb Meter hoch, und an den wenigstens in etwa immer gleichen Punkt vor dem Körper zu werfen – ich schaff es nicht. Es ist sogar immer schlimmer geworden. Nun habe ich die professionelle Hilfe eines sehr guten Trainers gesucht – und habe gute Ratschläge getankt, mit denen ich mein Zipperlein aktiv in der Situation bekämpfen kann. Sofort recht gute Erfolge im Training – doch im „Wettkampf“ ein Fiasko nach dem andern. Diesen Montag war es dann die maximale Katastrophe. Also keine Turniere mehr. Zeit lassen. Damit umgehen lernen. Und mir nicht die Freude nehmen lassen. Denn mein Problem mache ich zwar ganz offensichtlich in Kopf und Körper riesengross – aber es ist so winzig klein gegenüber anderen…

Ich habe einem Turnier für geistig behinderte Menschen beigewohnt, und was ich da gesehen habe, was ich für Eindrücke bekommen habe, was es wirklich heisst, motorische und sensorische Probleme zu meistern – und jetzt kommt’s – und dabei reinen Spass zu empfinden, auch wenn es nicht gut gelingt – das hat mich schwer beeindruckt. Ich möchte davon weiter lernen. Und mir den Spass nicht verderben lassen. Das mache nämlich ich ganz alleine. Und wenn ich das einordnen kann, mag ich eines Tages auch das Gleiche sagen, was mir all die Cracks an dem Turnier vorgelebt haben: Ich hab mein Zipperlein überwunden – und wenn nicht, hab ich es eine Nebensache bleiben lassen. Ich darf Tennis spielen. In welcher Form auch immer. Und es ist eine Lust – mit welchen Voraussetzungen auch immer.

Und jetzt müsst ihr mich entschuldigen. Ich muss noch ein paar alte Schläger sammeln. Schläger, welche wir weg gelegt haben, weil wir denken, mit dem allerneusten Modell wären wir erfolgreicher. Die gebrauchten liegen dann viele Jahre rum – während die Cracks, die ich oben angesprochen habe, damit ganz wunderbar zu spielen verstehen.

14.März 2022, 0:45

Die grosse fremde und die eigene kleine Welt

Mir ist nicht so ums Schreiben. Worte, die nicht in einem Brief oder in einer Nachricht direkt an einen Menschen gerichtet sind, scheinen gerade im allgemeinen Geschrei unter zu gehen.

Es ist ein Klagen spürbar, ein Hader, der zwischen Unwille und Unverständnis wabert. Was ist nur mit uns los? Jaaah, wir haben mit Krieg nichts am Hut, aber plötzlich auch nicht mehr so sehr mit Corona. Alles relativiert sich, aber auf den asozialen Medien ist immer eine Suppe am Kochen. Garantiert. Das Erschrecken über die plötzliche Nähe des Irrsinns ist gross, und gerade jetzt vermisse ich die leiseren Töne. Das Netz ist ein Ort der Parteien, der Debatten, der Anklagen und der Lügen. Allerdings scheint mir, dass mit dem Ukrainekrieg vermehrt erkannt wird, dass Manipulation und Information sehr oft nicht auseinanderzuhalten ist. Was also tun? Einen Schritt zurück machen und mehr darüber nachdenken, was denn für mein Leben wirklich Bedeutung hat? Was ist real, ist fassbare Wahrheit, was kann ich greifen und mit ein wenig Achtsamkeit gar beeinflussen?

Wie müssen diese Zeiten für die Kranken unter uns sein? Wie absurd mag ihnen manches Geschrei vorkommen und sie entsprechend anrühren, wie belastend kann es wirken, dass die Menschen aufsaugen, was in der Ferne geschieht oder sie irgendwann bedrohen könnte, während ihnen nahes Leid unangenehm ist? Dabei ist gerade da, wo ein grauer Schleier über der aufgehenden Sonne hängt, ein Lächeln ein Segen. Ein gutes Wort, ein Moment des Zuhörens, ein kleiner Schalk, ein Innehalten. Wir brauchen auch im Nahen, im Kleinen nicht immer Antworten haben. Aber einen Zustand einfach mal aushalten, eine Antwort auf unser „Wie geht’s?“ aufnehmen, wenn sie nicht so freudig klingt. Nachhören, noch nicht mal insistieren, drängen, aber einmal zeigen, dass die Welt, die grosse, weiter ziehen mag, während unser Platz gerade jetzt bei einfach einem Menschen ist – das ist schön. Das ist Leben. Wahrhaftige Bedrohungen machen uns empfindsam. Wer weiss, wie verletzlich er ist, steht einem tatsächlich Verletzten womöglich offener bei. Entrüstung und Empörung über die Welt da draussen sollte keinen Funken Energie verbrennen, den wir stattdessen für unsere kleine Welt verwenden können. In ihr entsteht das Lächeln, nährt sich die Liebe, wird Angst überwunden und Zuversicht geschöpft. Die Verzweiflung über „die Welt“ ist abstrakt, wirkt beinahe anmassend, wenn die Menschen um mich herum Probleme zu bewältigen haben, die ich sehr wohl sehen kann, wenn ich es will.

Und wenn aus dieser realen, unmittelbaren Welt ein Lächeln zurück kommt oder an mich heran getragen wird, dann geht die Sonne wirklich auf. Denn da gibt es ja noch meine innere Welt, und jede Hilfe, die mich Demut lehrt für das Glück und Kraft für die Bewältigung von Unglück, ist reales Erleben.

11.Dezember 2021, 23:45

Der Blick meiner Muse auf mich

Du erleichterst mir
den Zugang zu meiner Seele.
Würde ich Dir nicht glauben,
wenn du sagst, dass ich schön bin,
und Schönes schreibe,
würde ich uns Beide beleidigen.

Stattdessen will ich Dich
und meinen Schöpfer ehren,
indem ich mich ehrlich bemühe,
meine Kreativität zu schulen,
und mit meinen Talenten zu arbeiten.

Ich will die Reflexe ablegen,
die mich alles verwerfen liessen.
Ich erahne meine Talente.
Ich werde keine Projekte mehr weglegen,
bevor jemand anderer als ich selbst gesagt hat,
dass sie nichts taugen,
nein, bevor ich damit nicht wirklich gescheitert bin.


thinkabout.myblog.de vom 14.11.04, heute redigiert
und heute dazu weiter gedacht:

Na, das habe ich ja bisher prächtig hinbekommen, denke ich spontan. Doch hätte ich die innere Wahrheit zwischen den Zeilen nicht doch ein gutes Stück weit verinnerlicht, so gäbe es Thinkabout als Blog heute natürlich nicht mehr. Die letzten Jahre in den Tasten haben nicht nur mich auf eine neue Weise mürbe gemacht, und es ist höchste Zeit, weniger die Welt verändern zu wollen als mich selbst mehr zu finden. Da habe ich dann auch wirklich etwas davon. Eine Impfung hilft auch dabei nicht weiter, aber nach wie vor mit dem Verlangen getränkt zu sein, etwas Kreatives zu versuchen, immer wieder, macht mich glücklich.

11.November 2021, 8:00

Ein Herbst- und Wintermärchen in Einem

Wir haben Ferien gemacht. Zwei Wochen im Oberengadin, weit weg von jeder Corona-Regel, uns selbst genügend in der gemieteten Wohnung, gebucht für einen Zeitpunkt, der Nachsaison genannt wird. Bahnen: Stillgelegt für die Revision vor der hoffentlich brummenden Wintersaison. Restaurants und viele Läden: Geschlossen. Kein Eintritt, mit oder ohne Zertifikat. Der Volg in Sils hatte offen – und das reichte vollkommen.

Wir spekulierten auf den Indian Summer im Oberengadin, die Zeit, wenn die Lärchen goldgrün leuchten und der erste Schnee, das Gelb der Wälder und das Blau der Seen atemlos machen können. Und wir hatten nicht nur Glück. Wir hatten Schwein. So was von. Ich bin noch immer besoffen vor Freude, wenn ich die Bilder ansehe. Ihr Lieben, die Ihr diese Bilder seht: Genau so schön war es. Ohne Flugzeug, keine drei Stunden von Zürich entfernt.

Die erste Woche schenkte und strahlendes, stabiles Wetter, und das Timing war einfach perfekt. Die Ebene um Sils bietet unfassbare Ausblicke und Flanierwege am See zuhauf, und Wanderungen auf der Via Engadina oder ins Fextal sind reine Sinnesfreuden für Augen, Nase und Herz. Ich habe bestimmt noch nie so viele glückliche Menschen auf Wanderwegen gesehen, so viele offene, lachende Gesichter und staunende Blicke.

Und dann war es zwei Tage wolkenverhangen. Und es begann zu schneien. Die Wolken schütteten nicht etwa einfach etwas weissen Zucker aus, sondern mehr als einen halben Meter Schnee. Es war, als würden wir sanft in eine Zauberwelt gesetzt – und da sitzt Du dann und staunst und wirst ganz still.

Ich habe mich nicht zum Reporter machen wollen. Ich wollte einfach staunen, geniessen, Kindergeburtstag feiern. Aber das hier möchte ich noch teilen. Denn es gibt Fotos, die im goldenen Herbst und dann im Winterzauber gemacht wurden, an der praktisch gleichen Stelle. Hier einfach zum Geniessen!

Hotel Waldhaus, oberhalb von Sils:

Blick auf den Beach Club am Silvaplanersee:

Sils Maria:

Mit neuer Demut und Dankbarkeit und vollgetankt tauche ich wieder ein in unseren Irrsinn. So herrlich unwichtig und unnötig sind so viele unserer Aufregungen.

12.Oktober 2021, 1:30

Wir verlieren uns

Der Bundesrat und der Mainstream der Politik kämpft um eine Verbesserung der Impfquote. Und ich bin überzeugt, jeder zusätzliche Pieks wird als Erfolg gefeiert.
Es gibt für ganz viele Menschen und Unternehmen ganz viele gute Gründe für die Impfung. Und ein jeder Mensch soll das für sich entscheiden können. Doch so weit sind wir schon lange nicht mehr, nicht wahr?

Wir müssen gar nicht mehr darüber diskutieren, ob es einen Impfzwang gibt oder nicht. Entscheidend für den bröckelnden Zusammenhalt der Gesellschaft ist, dass dieser Zwang subjektiv als solcher empfunden wird. Was wir also als Erfolg verbuchen, bei den Prozenten, die wir jetzt noch zulegen in der Impfstatistik, ist nicht wirklich einer. Wir handeln uns mit dieser ganzen Übung einen viel zu hohen Anteil von Bürgern ein, die sich mehr als nur ein bisschen gegängelt fühlen. Sie gehen verloren. Und das Problem sind nicht jene, die laut protestieren – sondern die stillen, die sich scheinbar schicken. Aber die Erfahrung, plötzlich am Rand gestanden und auch so beurteilt worden zu sein, die bleibt. So manche, die sich jetzt umstimmen lassen, behalten bei sich ein stilles Kopfschütteln – mit der Feststellung, dass man selbst nie für möglich gehalten hätte, dass das geschieht: Meine eigene Gruppe hat kein Problem, über meine körperliche Integrität zu befinden. Menschen, die sich immer als Teil einer Gemeinschaft verstanden haben, sehen sich plötzlich an den Rand gedrängt und zu einem Schritt genötigt, den sie eigentlich nicht gehen möchten. Wenn sie ihn dann doch gehen, bedeutet das nicht, dass sie „verstanden haben“. Oft bleibt etwas zurück. Es entsteht eine Distanz, eine Entfremdung. Das erfahrene Unbehagen sitzt tiefer als der Pieks selbst je eindringen mag.

Und immer wieder die Frage, wie selbstverständlich sich alle über die nicht wirklich beantwortbaren Fragen hinweg setzen können – aber auch das gelingt, natürlich, in der Gruppe ganz leicht. Es gelingt uns immer ganz leicht, wenn wir uns auf der richtigen Seite wähnen, wie auch immer wir uns das zu garantieren glauben. Die Bestätigung ist ja da. Auf Schritt und Tritt.

Wir werden das Virus meistern. Mit ihm leben lernen. Irgendwann. Und ganz schnell werden ganz Viele von uns weiter leben wie zuvor. Denn das ist das, was alle wollen. Aber für ganz Viele von uns wird es nicht mehr das Gleiche sein wie zuvor. Die Solidarität, so wie sie jetzt eingefordert wird, ist für sie nicht wirklich eine. Sie sind nicht gehört und nicht verstanden worden. Es gab eigentlich noch nicht mal den Versuch dazu. Auf jeden Fall viel zu selten.

Die Lebensqualität einer demokratischen Gesellschaft misst sich daran, wie die Mehrheit mit der Minderheit umgeht. So gesehen sind wir gerade dabei, die grösste uns bisher auferlegte Prüfung maximal zu versauen. Die Regierung ist die Exekutive. Wie passend ist diese Bezeichnung!