Es ist schon eine Crux – wie soll „man“ mit Impfverweigerern umgehen? Wir diskutieren Fragen des Impfzwangs. Die Staatsrechtsprofessorin Eva Maria Belser beklagt im Schweizer Radio, dass Impfskeptiker und „Angstmacher“ gerade Aufwind bekommen, weil wir keine klaren Antworten auf deren Verweigerungsargumente hätten. Dabei geht es ihr wohl wie den meisten: Her mit diesen klaren Antworten, damit die Bremser und kategorischen Verweigerer und Verschwörungstheoretiker weg argumentiert werden können und wir endlich vorwärts machen können mit dem Impfen – und mit einem demokratischen Diskurs, in dem die Aussicht auf eine gesetzliche Festsetzung einer Impfpflicht eine Chance bekommt.
Dabei werde ich das beklemmende Gefühl nicht los, dass auch hier am falschen Punkt Luft geholt wird: Vielleicht wäre den Skeptikern einfach auch mal in einem positiven Satz zuzubilligen, dass sie Zweifel haben, welche in der gegenwärtigen Situation schlicht nicht zerstreut werden können? Und dass es folglich eine reine Einstellungsfrage des Einzelnen bleibt, wie er sich zur Möglichkeit einer Impfung stellen mag, statt in Betracht zu ziehen, dass Menschen sich gegen den Zwang zu einer Impfung wehren müssten?
Die Gesellschaft wird in den letzten Jahren immer und immer wieder mit der gleichen Situation konfrontiert: Gegen die Mehrheitsströmung formiert sich Widerstand, der vielfältig und laut daherkommt, auch instrumentalisiert wird, aber augenscheinlich ganz viele Menschen aufrüttelt und animiert, mit zu gehen. Und das einzige, was uns einfällt, ist von den Dummen zu reden, den Fehlgeleiteten, den Extremen, den Frustrierten – im besten Fall. Doch dem Antrieb ihrer Unruhe nehmen wir uns nicht an, was dazu führt, dass die Gegenstimmen nicht leiser werden, sondern lauter. Weil wir mit der Reaktion genau dieses ungute Gefühl bestätigen, das diesen Teil der Bevölkerung längst beschlichen hat.
Es gibt keine einfachen Lösungen, rufen wir den Schreienden zu. Und wählen selbst die einfache und hilflose Einstellung der Verweigerung. Damit sind wir alle ein Teil des grösser werdenden Problems.