Ressort: Gesellschaft(Weitere Infos)

20.September 2024, 17:32

Die asozialen Medien und die Demokratie

Eines der grossen Probleme traditioneller Medien ist es, dass sie im Kampf um Aufmerksamkeit immer zu spät kommen und sich von den asozialen Social Media – Portalen vor sich her treiben lassen. Es wäre einmal interessant, festzustellen, wie viele redaktionelle Texte der diversen Online-Portale durch einen Post in Social Media ausgelöst werden. Dabei ist unsere eigene Erwartungshaltung und der journalistische Anspruch auf Seriösität eine Krux: Die Dynamik der asozialen Medien führt dazu, dass reflektierende, womöglich gar recherchierende, zumindest nachfassende Beiträge in den traditionellen Medien zeitlich hoffnungslos hinterher hinken. Hinzu kommt der Wettbewerbsdruck. Früher war die Auflage das Messband, heute sind es die Clickzahlen und damit die Aufregungsintensität, die man selbst bewirken oder steigern kann. Das zerstört die Debattenkultur. Hemmschwellen aus menschlichem Respekt gehen verloren – für jeden Gemeinschaftsgedanken ist das verheerend. Und wenn in einer Demokratie Debatten geschürter Empörung weichen, sind die Grundwerte unseres politischen Systems gefährdet.

Wir brauchen einen Codex, nach welchem sich alle richten – nach dem Leitsatz, dass ein minimaler Schutz von Personen, die einem Shitstorm ausgesetzt sind, eine Voraussetzung dafür ist, dass minimaler Respekt gewahrt bleibt.

Ich habe Marc Schiess im vorgängigen Beitrag im Kommentar schon erwähnt, hier nun seine Gedanken im Wortlaut, mit seinem Einverständnis:

Rahmenbedingungen für eine funktionierende Demokratie im Online-Zeitalter

Medien

  • Bei Artikeln mit mutmasslich rufschädigenden Artikeln zu (öffentlichen) Personen bleibt die Kommentarfunktion deaktiviert. Das gilt für Online-Medien wie auch deren Social Media Kanäle.
  • Sobald eine Person rechtskräftig verurteilt ist, kann die Kommentarspalte geöffnet werden.
  • Bei Artikeln über einzelne Personen besteht besondere journalistische Sorgfaltspflicht.

Social Media

Die Social Media Unternehmen haben die Pflicht, Aufrufe zu Mord und Gewalttaten automatisiert den Polizeibehörden zu melden.

Arbeitgeber

Arbeitgeber sollen ihre in der öffentlichen Kritik stehenden Mitarbeitenden beurlauben oder von der Arbeit suspendieren. Bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann, müssen die Beschuldigten Gelegenheit erhalten, sich mit dem Arbeitgeber in einem internen Gespräch zu erklären. Dies benötigt eine gesetzliche Grundlage, damit massive Druckversuche auf den Arbeitgeber diesen nicht einknicken lassen.

Marc Schiess

Simpel? Nicht ausreichend? Naiv?
Stellen wir uns einfach vor, wie sich die Temperatur so mancher Aufregung senken liesse, hätten wir ein paar dieser oder sehr ähnliche Regeln…

PS: Dass Personen, die bewusst mit Provokationen arbeiten, für manchen Shitstorm mitverantwortlich sind, ist kein Gegenargument. Die Selbstverantwortung für das geschriebene Wort und das entsprechende Bewusstsein würde eher zunehmen.

15.September 2024, 7:00

Es muss Grenzen geben

Eine Gemeinderätin der Stadt Zürich mit muslimischen Wurzeln, bestens verankert in der hiesigen Gesellschaft, entsprechend vernetzt und national durchaus bekannt, hat Stress. Um den abzubauen, möchte sie ein Schiesstraining mit einer Sportpistole im heimischen Keller abhalten. Das Bedürfnis entsteht spontan, weshalb keine Zielscheiben vorhanden sind. Hierfür muss das Bild einer Ikone aus einem Auktionskatalog herhalten, weil es einigermassen die richtige Grösse hat. Dargestellt wird darauf die Gottesmutter Maria mit ihrem Jesuskind. Bis dahin mag das ja noch eine Privatsache sein.

Doch die Politikerin lässt sich beim Schiessen fotografieren. Die durchaus jeweils modebewusst auftretende junge Dame tritt in diesem Fall in schwarz auf, in einem knöchellangen Rock und schwere Sandalen. Sie erstellt einen Social Media – Post mit ihr in Aktion – und dem Trefferbild mit den durchlöcherten Köpfen von Maria und Jesus.

Die Folge ist ein Shit-Storm, wie ihn die Schweiz noch selten gesehen hat.

Die Frau hat mittlerweile um Vergebung bei den Menschen gebeten, die durch ihren Post verletzt wurden. Der religiöse Inhalt wäre ihr nicht bewusst gewesen und sie hätte sich nichts dabei überlegt.

Das von einer Frau zu lesen, die auf sozialen Netzwerken sehr scharf zu argumentieren gewohnt ist und seit Jahren sehr bewusst Social Media für politische Themen und Ziele einsetzt und dabei auch diskriminierend werden kann, in einem Consultingunternehmen für Kommunikationsstrategien angestellt ist, Jura studiert hat und doktoriert, ist erstaunlich.

Was folgt, ist klar. Es gibt übelste Kommentare, der sich anonym glaubende Mob beginnt zu rasen, die Frau und ihre Familie erhalten Morddrohungen.

Grenzüberschreitungen auf allen Seiten. Und in der Folge die sich ebenfalls immer wiederholenden Reflexionen: Trifft es sie nur so sehr, weil sie eine Frau ist? Und es werden frühere Fälle aufgeführt, bei denen andere nachsichtiger behandelt wurden.

Dieser ganze Internet-Mob mit all seinen Auswüchsen ist zu verurteilen, und es geht überhaupt nicht, dass sich jemand mit dem Tod bedroht sieht. Das muss aber nicht von einer Regel ablenken, die ebenfalls gültig ist:

Immer wieder kann beobachtet werden, dass besonders scharfzüngige Agitatoren in den asozialen Netzwerken früher oder später kein Gefühl mehr dafür haben, welche Art von Verletzungen sie verursachen. Es geht schleichend aber stetig nicht nur die Akzeptanz, sondern die Duldung „der Anderen“ verloren, während man zu glauben beginnt, man wäre selbst unantastbar. Das Internet ist kein folgenloser Raum ohne Rückkopplungen, ganz im Gegenteil.

Natürlich ist die Frau genug gestraft, wenn ihre politische Karriere beendet ist und sie ihren Job verliert. Aber die Frage, wie das alles geschehen konnte, und welche tiefe innere Motivation für das alles bestand, bleibt bestehen, und keine der Konsequenzen kann wirklich überraschen:

Ich bin wohl nicht der Einzige, der sich wünscht, es würden sich mehr Menschen wieder bewusst machen, dass jedes gesprochene und geschriebene Wort eine Tat ist, mit der man diskutieren, debattieren, streiten, versöhnen oder spalten kann. Und wir leben in unserem eigenen Kulturraum, zu dessen Grundwerten auch die christlichen Wurzeln gehören – auch wenn wir eine säkulare politische Gesellschaftsform haben und die Religionsfreiheit zentral ist. Und es ist zu wünschen, dass wir dem auch weiter gerecht werden, indem wir die christliche Errungenschaft nicht jene Form der Toleranz reduzieren, die alles erträgt, weil eh alles egal geworden ist.

Der Tag also, an dem die hier beschriebenen Aktionen keine entsprechenden Konsequenzen mehr haben, ist nicht herbeizuwünschen. Gleichzeitig sollten sich die feigen Heckenschützen, die glauben, ein neues Freiwild ausgemacht zu haben, in ihren Worten zügeln, denn, siehe oben, das eigene Reden, Schreiben und Handeln bleibt nie folgenlos. Auch für einen selber nicht.

30.Juli 2024, 19:00

Die UBS als neuer Sponsor im Schweizer Fussball

Die Schweizer Fussballliga ist bereits in die neue Saison gestartet. Noch immer nennt sie sich Credit Suisse Super League.

Die UBS hat den Sponsorvertrag der nun auch rechtlich in ihr aufgegangenen Bank übernommen und damit bestätigt. Auf den Leibchen der Clubs ist das Logo verschwunden. Hier prangt nun der Name

Dabei handelt es sich um das von der UBS lancierte, gesponserte und unterstützte Freiwilligen-Netzwerk „für mehr Nachhaltigkeit“. Eine Plattform, auf der gemeinnützige Projekte um praktische Mithilfe werben können und sich an gemeinnütziger Arbeit Interessierte über unzählige Einsatzmöglichkeiten informieren können.

Ein echt sympathischer Zug, diesen Werbeplatz an eine solche Initiative zu vergeben. Darf einfach mal gesagt werden!

07.Juli 2024, 7:17

Fussballnationen und Europa

Die Schweiz hat an der Fussball-Europameisterschaft ihr Viertelfinale gegen England auf die denkbar knappste Weise verloren – im Elfmeterschiessen. Aber eben verloren. Die Grossen haben die Kleinen geschlagen. Wie meistens. Ich habe wieder neue Möglichkeiten, zu beobachten, wie wir alle mit (Miss-)Erfolgen unserer Nationalmannschaften im Sport umgehen.

Gerade jetzt ist nicht der gute Zeitpunkt dafür, aber richtig ist die Aussage grundsätzlich schon: Dadurch, dass ich als Schweizer zu einer kleinen Nation gehöre, bin ich mich das Verlieren im Sport gewohnt. Manchmal beobachte ich meine deutschen Kolleginnen und Kollegen und sehe, wie sie als Anhänger ihrer Mannschaften mit Siegen umgehen. Die Siege sind – irgendwie – Bestätigung. Aber selten so überraschend, wie wenn „wir“ mal etwas gewinnen – oder zumindest sehr weit kommen. Dadurch ist die Freude eine andere – und das Verlieren fühlt sich auch irgendwie anders an, denke ich. Nun sind Deutschland und die Schweiz beide „gleichzeitig“ raus. Gelegenheit zu Vergleichen?

Ich finde, für alle sollte gelten, dass Fussball und andere beachtete Sportarten eine Gelegenheit sind, sich in einem Land zusammen auf oder über etwas zu freuen. Und ich bin sicher, dass es grundfalsch ist, das schlecht zu finden. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die glauben, dass Europa von Europäern gebaut wird. Das ist im besten Fall eine friedlich scheiternde Utopie. Ich habe nie aufgehört, in meinen Bekannten die Deutschen, Italiener oder Franzosen zu sehen, genau so wie die Welschen, die Thurgauer oder die Luzerner. Die Eigenheiten der Herkunft sind unsere Vielfalt, und schlussendlich sind wir in unseren Ländern sozialisiert worden. Europäer kann ich nur als Deutscher oder Schweizer sein. Nur dann ist es echt und tragbar. Ich verbinde mich in meinen Interessen und Bedürfnissen mit anderen – aber ich behalte als Ostdeutscher, Pole oder Tscheche einen anderen Blick auf die scheinbar gemeinsamen Dinge. Und das muss eingestanden werden.

Im Sport können wir uns messen, können wir wettkämpfen und gemeinsam feiern, siegen und verlieren und einander gratulieren. Und die kleinen Siege können grosse sein und umgekehrt. Denn morgen ist bereits die nächste Gelegenheit. Was in Deutschland gerade von den Fans gelebt wird, ist ein Stück Europa. So, wie es möglich ist. Haben sich gerade Fans gegenseitig aufs Dach gegeben? Vielleicht. Hunderttausende haben sich daneben zur gleichen Zeit gegenseitig gefoppt – und dann sogar gratuliert für Erfolge.

Schlussendlich sind die Resultate für alle, ob Grosse oder Kleine, das Resultat von Regeln, unter die wir uns begeben haben. Das nächste Mal schlagen wir die Engländer. Und sie werden uns so fair gratulieren, wie wir es jetzt getan haben. Stimmt, wahrscheinlich verlieren wir wieder. Aber irgendwann… und diese Möglichkeit verliert nie seinen Reiz, und dann…. werden wir so feiern, wie die notorisch Erfolgreichen es längst verlernt haben. Und wir werden stolz sein, Schweizer zu sein. Sind es gerade eh. Weil wir doch eigentlich uns echt gut schlagen.

Und nichts daran ist schlecht, hier von uns und von wir zu sprechen. Deutschland atmet gerade durch, weil es eben die Deutschen sind, welche gastfreundlich sind. Die Spanier können in Deutschland den Sieg über Deutschland feiern. Es war ein Fussballspiel. Und das Fest geht weiter. Auch für Deutsche und Schweizer. Sport verbindet. Und was anderes lassen wir als Fundament nicht zu.

28.Juni 2024, 6:02

Die Sache mit der Verschwörung

Wer seinen Seelenfrieden sucht, ist nicht gefährlich.

Mit nichts habe ich mich in den Auseinandersetzungen rund um Corona so schwer getan, wie mit dem Vorwurf, Verschwörungstheorien aufzusitzen. Damit konnte jede kritische Stimme totgeschlagen werden, denn ganz sicher hatte irgend ein Spinner die gleiche Meinung oder zu einer kritischen Frage mindestens in die Hände geklatscht.

Dabei sollten wir uns immer bewusst machen, dass der Mainstream in einer politischen Krise selbst Kennzeichen einer Verschwörung entwickelt. Wenn sich die genehme Meinung (und gar die Justiz) an einer Wissenschaft orientiert, die ihre öffentliche Position von einer politischen Steuerung kontrollieren lässt, wenn Leitmedien propagieren statt beobachten und kritisch begleiten, wenn von ihnen ins Leben gerufene Faktenchecker nicht weniger tendenziös sind als die Leitlinie der Redaktionen, dann wird Glaubwürdigkeit verspielt. Ist man davon als Aussenseiter betroffen, so ist es sehr gut verständlich, zu glauben, dass einem gewollt übel mitgespielt wird, und du fragst Dich einfach nur noch, wie sehr und von wem das gesteuert sein mag? Wobei mich nichts wirklich so geängstigt hat wie die Ahnung, dass es gar keine zentrale Macht dafür braucht, sondern ganz viele Mechanismen Selbstläufer sind, die für ihre verheerende Wirkung nur bestimmte Auslöser brauchen. Denn wir sind als Lemminge in unseren Herdentrieben immer besser berechenbar.

Lästig, dass diese Themen immer noch wiederkommen bei mir, nicht wahr? Aber meine Unruhe wird sich nicht legen. Denn jetzt, wo wir alle nichts mehr wissen wollen von all dem Kram, wäre die Zeit und der Raum da, sich Gedanken zu machen darüber, was wie schief gelaufen ist. Und zwar so, wie es nicht mehr geschehen sollte. Aber es wird wieder geschehen, und es wird noch schlimmer werden. Denn wir werden in unserer gesellschaftlichen Entwicklung, in welcher wir zunehmend den Bezug zur Spiritualität verlieren, ängstlicher werden. Wir sind vulnerabel. Alle. Unser Leben ist bedroht. Immer. Wir wissen nicht, wie der Tag morgen sein wird. Doch das ist kein Übel, sondern eine Qualität: Es wäre eine Chance für ein Bewusstsein, das unser Leben sehr intensiv werden lässt.

Gerade jetzt, wo wir wieder sorglos reisen, uns vergnügen können, bleibt die Aufgabe die Gleiche:

Wie stelle ich mich meiner Uhr, die tickt? Lohnt es sich nicht, Rezepte zu entwickeln, die mein Vertrauen bei Krisen nicht gleich erschüttern lassen? Was brauche ich dafür?

Ich habe die Vorstellung, dass wir Menschen mit einer spirituellen Geborgenheit weniger wie Lemminge wären, die über geweckte Instinkte und verstärkte Ängste getrieben werden können. Die eigene geistige und seelische Gesundheit sollte uns so lieb und teuer wie nichts anderes auf der Welt sein. Damit lässt sich alles bewältigen. Auch die Unsicherheit über die Schwere einer angekündigten Krise.

09.Januar 2024, 19:19

Paket mit Tempo. Oder?

Letztes Jahr habe ich bei einem der grössten Online-Händler der Schweiz – abends – wieder mal was bestellt, und mich am Ende des Bestellungsvorgangs gefreut. Nicht weil da stand: „Lieferung erfolgt bis morgen Abend.“

Sondern weil darunter folgte: Wenn ich generell mit einer Lieferung in 2-3 Tagen einverstanden wäre, könnte ich das entsprechend, wirksam für mein Kundenkonto, hier ankreuzen. Damit würde das eigene Logistik-Personal entlastet.

Das habe ich dann mit Freude getan, denn wie oft brauche ich Wochen des Überlegens für ein Teil, ohne das ich bisher jahrelang ausgekommen bin?

Lebenserfahrung

Allerdings wird seither bei Bestellungsvorgängen am Ende immer, gut sichtbar, danach gefragt, ob ich keine Express-Lieferung ohne Kostenfolge wolle, dann wäre mein Teil morgen Abend schon bei mir?

Die Welt ist irgendwie verkehrt. Oder? Ich kenne noch die Zeiten, als samstags gar keine Post ausgetragen wurde. Das Leben lebte sich auch so. Gearbeitet wurde allerdings eher mehr als heute. Aber stressfreier. Mit einer Erwartungshaltung, die bei mehr Gelassenheit freieres Atmen erlaubte. Auch bei der Arbeit.

28.Dezember 2023, 14:06

Die Blasen werden kleiner und verschlossener

Wir sind scheinbar gefragt. Brüche und Umwälzungen, wohin man schaut. Katastrophen, über deren Ursache endlos gestritten werden kann – und ganz viel davon scheint näher an uns heran zu treten, als das viele Jahrzehnte lang der Fall war. Wir reagieren darauf aber in aller Regel nicht mit breiterer persönlicher Nachrichtenbeschaffung – wir wünschen uns stattdessen die Sicherheit einer klaren eindeutigen Meinung. Und die wird doch häufig durch eine Gesinnung gefiltert.

Die Corona-Krise, der Ukraine-Krieg, der Hamas-Terrorangriff und die Kriegsantwort in Gaza, die Dauerklimakrise.

Mir scheint, die Probleme bauen sich immer grösser vor uns auf – und gleichzeitig ist es kaum mehr möglich, auch einfach mal zu sagen: Ich weiss es nicht. Ich bin ratlos. Ich blicke nicht durch.

Stattdessen werden Meinungskriege geführt, angezündet in den asozialen Medien und von dort in altbekannter Manier von den Leitmedien aufgegriffen und mehr oder weniger verarbeitet weiter gegeben.

Dabei informieren wir uns nicht wirklich. Wir treten kaum mehr aus unserer Blase heraus. Und je komplexer sich ein Thema darstellt, um so deutlicher ist das so. Wir vertrauen „den Medien“ nicht, schaffen uns unsere eigenen Kanäle und konsumieren daraus mehr und mehr Einheitsbrei. Wir empören uns mit den Richtigen und schimpfen auf die Richtigen. Austausch findet immer weniger statt, und wenn wir Kritisches verifizieren wollen, dann stossen wir in diesen unseren Blasen eben nicht auf Meinungsgeschwister, die selber differenzieren wollen. Und es ist nun mal in unruhigen Zeiten angenehm, sich darin bestätigt zu sehen, wer die Guten und wer die Bösen sind.

Manchmal frage ich mich, wie meine eigene persönliche Meinungsbildung denn in „Urzeiten“ ablief? Ich habe die NZZ gelesen und den Tages Anzeiger, und von beiden Zeitungen wusste „man“ in etwa, wie sie ihr Weltbild geordnet hatten – und wie also Meinungsjournalismus einzuordnen war. Und ja, natürlich wurde auch versucht, damit selbst politischen Einfluss zu erzielen, aber es gab ein Bewusstsein für die eigene Aufgabe als vierter Macht im demokratischen Staatsgefüge. Heute ist davon nicht viel übrig geblieben. Nicht nur ich empfinde sehr viele Medien zu eindeutig regierungsfreundlich oder zu penetrant regierungskritisch.

Es war wohl schon immer so, aber heute ist es viel offener zu beobachten, wie sehr die journalistische Arbeit von wirtschaftlichen und anderen Abhängigkeiten geprägt ist. Und damit wird das Medium eben auch zu einem Teil der Blase. Der Journalist verfolgt einen Kurs – Evidenz und Wahrheit sind zu oft nur zweite Priorität.

Auch der Verlass auf Expertenwissen, auf Rückmeldungen aus dem eigenen Verbund von Berufskollegen ist kritisch. Allzu oft ist in gesellschaftlichen Debatten eines sehr deutlich zu beobachten: Die differenzierten, kritischen Voten die sich gegen eine sich bildende allgemeine Stossrichtung der Nachrichtenlage und -Filterung und -Beurteilung richten, kommen meist von Personen, die nicht mehr Teil von Institutionen wie Instituten oder Firmenleitungen sind. Ein emeritierter Professor kann sich eine Kritik viel eher leisten, die sich gegen die Interessen „seines“ Institutes richtet, vorausgesetzt, er ist in einem Alter, in welchem er eine vergleichbare Anstellung in einer anderen Institution eh nicht mehr anstrebt. Das gilt natürlich für Manager in Wirtschaftsunternehmen genau so – und es gilt auch für Politiker, die in ihrer eigenen Partei Sukkurs für politische Ämter, für Platzierungen auf Wahllisten benötigen.

Wir alle leben und denken und fühlen in unseren Blasen – und meine Beobachtung ist, dass diese Zellen immer undurchlässiger werden, sich Diskussionen und Meinungsbildungen den Einflüssen von aussen immer mehr entziehen und damit auch immer mehr Polarisierung das Ergebnis ist. Eine Konfrontation, in welcher Meinungen auf einander prallen, die sich zuvor gar nicht mehr in Feinarbeit geschliffen haben – und nun gar nicht mehr die Bereitschaft mit sich tragen, sich verändern zu können.

Schauen wir genauer auf unseren eigenen Newskonsum, so stellen wir fest, dass die Blasenbildung ein wirtschaftliches Konzept ist: Unser Feed auf dem Smartphone verändert sich dynamisch mit unserem Nutzerverhalten und präsentiert uns laufend angepasste neue Nachrichten – mit immer mehr Anteilen jener Themen und Meinungen, die wir angeklickt und die wir gelesen haben. Und es ist doch angenehm, einen „interessanten“ Feed zu besitzen, in dem wir entsprechend lang verweilen und unsere Fingerkuppe ganz viele der gewünschten Klicks erzeugt. Dass wir damit unsere eigene Welt immer meinungsmonogamer machen, die Ereignisse, die wir vorrangig wahr nehmen, immer weniger unterschiedlichen Charakter haben, kann uns sehr lange gar nicht bewusst werden. Ja, leider stört uns das viel zu wenig.

Ich bin dieses Jahr dazu übergegangen, ganz bewusst Portale völlig unterschiedlicher politischer Orientierungen zu besuchen und dort auch zu lesen. Von der WoZ bis zur Weltwoche, von der Rebublik bis zum Nebelspalter, Cicero, Schweizer Monat, Die Zeit, Die Welt, den Infosperber, aber der Tages-Anzeiger ist mir fremd geworden, doch die NZZ und die NZZ am Sonntag sind betreffend journalistischer Tiefe immer noch weit vorn für mich.
Doch das alles wäre nicht komplett ohne – Achtung, nun kommt’s – auch so genannt alternative Medienportale. Gar nicht so selten tauchen dort aufgegriffene Themen und Meinungen mit Verspätung doch auf den etablierten Portalen auf. Und nicht nur, um Verschwörungstheorien an den Pranger zu stellen. Für mich ist es das Unwort des Jahres: Verschwörungstheoretiker. Geht man auf der Zeitleiste zurück in den letzten Jahren, muss man mehr als einmal feststellen, dass so mancher vermeintliche Schwurbler einen wahren Kern benannt hat. Natürlich bilden gerade ausgegrenzte Gruppen besonders homogene Blasen – aber es ist auch an uns, sie nicht sich selbst zu überlassen und immer mal wieder hin zu hören und zu lesen.

Was mir das alles gebracht hat? Nun, augenscheinlich nicht gerade viel Output. Aber es war auch sehr wichtig, mir eine Grundlage zu erarbeiten, mit welcher ich mich doch immer mal wieder informiert fühlen kann.

16.August 2023, 6:30

Vereinzelung

Gerade wurde statistisch erhoben, wie viele Freunde wir im Durchschnitt haben. Das Resultat interessiert mich nicht wirklich, denn wem wir diesen Status in unserem Leben geben, ist wohl sehr individuell. Wer eher wenig Freunde zu haben glaubt, muss deswegen nicht einsam sein, er schützt diese Qualität einer Beziehung vielleicht einfach auch dadurch, dass er oder sie um das besondere Glück einer Tiefe weiss, die ausserordentlich ist. Und die gibt es eben selten. Vor allem scheint mir, dass das Geschick mir einen solchen Menschen wie eine Bescherung schenkt – und erst dann liegt es an mir, dieses Glück zu sehen und dafür auch alles zu tun, um es zu erhalten.

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12.Juni 2023, 8:31

Kann man uns Angst machen? Und dann?

Sind wir eine Gesellschaft geworden, die sich für keine Sache mehr wirklich überzeugen lässt? Damit meine ich nicht, dass es immer verschiedene Meinungen gibt, um eine Bedrohung, eine Gefahr abzuwenden. Es scheint vielmehr so, dass wir nichts mehr wagen, weil wir an nichts mehr glauben. Aber eines gelingt immer wieder: Man kann uns Angst machen. Wir haben Angst vor Terror, Angst vor Überfremdung, Angst vor Corona, Angst vor einem Atomkrieg – und es spielt dabei keine Rolle, will heissen, es hat für die Panikmacher keinerlei Konsequenzen, dass das Unheil, das sie an die Wand malen, regelmässig nicht oder in viel kleinerem Ausmass eintritt. Mit nichts sind wir als Masse so gut steuerbar und mobilisierbar, wie mit der Angst, die man uns macht.

Wir müssen die gegenwärtige Angst und das psychologische Unbehagen als ein Problem an sich betrachten, ein Problem, das sich nicht auf ein Virus oder ein anderes „Bedrohungsobjekt“ reduzieren lässt, aber immer wieder offenlegt, dass unsere Angst ihren Ursprung im Scheitern der großen Erzählung unserer Gesellschaft hat. Dies ist die Erzählung der mechanistischen Wissenschaft, in der der Mensch auf einen biologischen Organismus reduziert wird. Eine Erzählung, die die psychologischen, spirituellen und ethischen Dimensionen des Menschen ignoriert und damit verheerende Auswirkungen auf die Ebene der menschlichen Beziehungen hat. Etwas in diesem Narrativ führt dazu, dass der Mensch von seinen Mitmenschen und der Natur isoliert wird. Etwas darin bewirkt, dass der Mensch nicht mehr mit der Welt um ihn herum in Resonanz geht. Etwas Unbekanntes in ihr macht den Menschen zu einem nüchternen Subjekt mit voraussehbaren Re-Aktionen. Wir wollen es bequem haben, wir wollen komfortabel leben. Alles, was uns Erleichterung für mehr Konsum verschafft, ist attraktiv, und wir verstehen unsere Bedürfnisse als individuelle Anrechte. Das Gegenüber und das Nebenan – sind sie noch Gefährten oder potentielle Konkurrenten, Gründe, dass wir uns benachteiligt fühlen?

Unsere Wertegesellschaft erodiert, und wir arrangieren uns damit, so lange wir scheinbar sorglos leben können. Es sei denn, wir werden gerade wieder durch eine geschürte Angst getriggert. Was bleibt also noch an Glaube? Wir lösen Klimaprobleme und Nahrungsknappheit ja nie durch einen veränderten Lebenswandel, sondern wir vertrauen auf technologischen Fortschritt und fügen uns in jede Ordnung ein, die uns verspricht, dafür zu sorgen, dass sich nichts für unsere Behaglichkeit ändert. Die vermeintliche menschliche Rationalität ist mehr eine Trägheit, die ein mechanistisches Denken mit fördert.

Aber die Lösung für unsere Angst und Unsicherheit liegt nicht in der Zunahme der (technologischen) Kontrolle. Die eigentliche Aufgabe, vor der wir als Einzelne und als Gesellschaft stehen, besteht darin, ein Menschen- und Weltbild zu entwerfen, eine Grundlage für unsere Identität zu finden, Prinzipien für das Zusammenleben mit anderen zu formulieren und eine zeitgemäße menschliche Fähigkeit wiederzuerlangen – die Suche nach Wahrheit, das Interesse an ihr und die Schulung der eigenen Wahrnehmung, mit welcher sich Wahrheit erkennen lässt. Dafür müssen Fragen gestellt werden und Ungewissheiten und Unsicherheiten ausgehalten werden.

Weltweit treiben die Menschheit die gleichen Fragen um. Und das kann uns verbinden, statt trennen, auch wenn wir unterschiedliche Antworten darauf haben. Unsere Endlichkeit und damit unsere Schwäche, unsere Angreifbarkeit und Verletzlichkeit gehört mit zum kostbaren Leben. Der Umgang damit und die Akzeptanz bedeutet Freiheit. Halten wir es aus, dass ganz viele Dinge nicht wirklich sicher sind, hat Angst viel weniger Möglichkeiten, verheerend zu wirken. Weil wir gelassener werden, wissen wollen, und damit auch weniger manipuliert werden können.

01.Februar 2023, 6:00

Comirnaty und Fruchtbarkeit und… – Fachinformation und Beipackzettel

Swissmedic bietet ein Abfragetool an, mit welchem nicht nur die Patienteninformationen zu Medikamenten / Impfstoffen aufgerufen werden können, sondern auch die Fachinformationen für das medizinische Personal. Hier als Beispiel die Nennung einiger Angaben zum Impfstoff Comirnaty von BioNTech/Pfizer, wenn Du Informationen darüber haben möchtest, welche Risiken für Schwangerschaft und Fruchtbarkeit bei einer sog. Boosterimpfung bestehen.

Rufe die Seite swissmedicinfo.ch auf und gib im Suchfeld Comirnaty ein.
Du erhältst nun (aktuell am 31. Jan. 23) eine Liste mit 4 Präparaten angezeigt, für verschiedene Altersgruppen, für Booster (15mg) oder Erstimpfungen (30mg).

Nun clickst Du unter Fachinformationen auf Comirnaty® Original/Omicron BA.1 15/15 Mikrogramm pro Dosis gebrauchsfertige Injektionsdispersion für Personen ab 18 Jahren (GRAUE Kappe) vom Okt 2022

Es gibt viel zu lesen… Uns interessiert hier der Abschnitt:

Schwangerschaft

Es liegen nur begrenzte Erfahrungen zur Anwendung von Comirnaty bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien weisen nicht auf direkte oder indirekte schädliche Wirkungen in Bezug auf Schwangerschaft, embryonale/fötale Entwicklung, Geburt oder postnatale Entwicklung hin (siehe Rubrik «Präklinische Daten»). Die Verabreichung von Comirnaty in der Schwangerschaft sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn der potenzielle Nutzen die möglichen Risiken für Mutter und Fötus überwiegt.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Comirnaty in die Muttermilch übergeht.

Fertilität (Fruchtbarkeit)

Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf direkte oder indirekte gesundheitsschädliche Wirkungen in Bezug auf eine Reproduktionstoxizität (siehe Rubrik «Präklinische Daten»).

Also scrollen wir weit nach unten zu den Präklinischen Daten. Gleich darüber lesen wir noch diese Mitteilung:

Befristete Zulassung

Aufgrund einer zum Zeitpunkt der Begutachtung des Zulassungsgesuches unvollständigen klinischen Datenlage, wird das Arzneimittel Comirnaty befristet zugelassen (Art. 9a Heilmittelgesetz). Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Erfüllung von Auflagen gebunden. Nach deren Erfüllung kann die befristete Zulassung in eine ordentliche Zulassung überführt werden.

Präklinische Daten (Tierversuche)

Basierend auf konventionellen Studien zur Toxizität bei wiederholter Gabe sowie zur Reproduktions- und Entwicklungstoxizität lassen die präklinischen Daten keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen.

(…)

Reproduktions- und Entwicklungstoxizität

Die Reproduktions- und Entwicklungstoxizität wurde an Ratten in einer kombinierten Fertilitäts- und Entwicklungstoxizitätsstudie untersucht, bei der weiblichen Ratten Comirnaty vor der Paarung und während der Trächtigkeit intramuskulär verabreicht wurde (Gabe von 4 vollen Humandosen, die bei Ratten aufgrund von Körpergewichtsunterschieden relativ höhere Dosen erzeugen, und sich zwischen dem Tag 21 vor der Paarung und dem Tag 20 der Gravidität erstreckten). SARS-CoV-2 neutralisierende Antikörperreaktionen waren bei den mütterlichen Tieren von vor der Paarung bis zum Ende der Studie am postnatalen Tag 21 sowie bei den Föten und Nachkommen vorhanden. Es wurden keine impfstoffbedingten Wirkungen auf die weibliche Fertilität, die Trächtigkeit oder die embryofötale Entwicklung oder auf die Entwicklung der Nachkommen festgestellt. Es liegen keine Daten zu Comirnaty zum Plazentatransfer des Impfstoffs oder zur Ausscheidung in der Milch vor.

Das sind also die Informationen für das Fachpersonal. Wenn Du auf der Startseite zum gleichen Produkt die

Patienteninformation aufrufst, erhältst Du folgende Informationen:

Darf Comirnaty Original/Omicron BA.1 während einer Schwangerschaft oder in der Stillzeit angewendet werden?

Es liegen keine Daten zur Anwendung von Comirnaty Original/Omicron BA.1 während der Schwangerschaft oder Stillzeit vor.

Wenn Sie schwanger sind oder stillen, oder wenn Sie vermuten, schwanger zu sein oder beabsichtigen, schwanger zu werden, sprechen Sie, bevor der Impfstoff bei Ihnen angewendet wird, mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin oder dem medizinischen Fachpersonal in Ihrem Impfzentrum.


Jede und Jeder soll sich selbst ein Bild machen, wie das auf ihn wirkt. Mich würde interessieren, wie gerade junge Menschen in diesen Fragen medizinisch tatsächlich beraten wurden? Und wie die Gemütslage sich entwickelt, wenn wir heute lesen können, wie die Geburtenraten zurück gegangen sind? Ja, ich weiss, es werden gerade die unterschiedlichsten Argumente aufgeführt, weshalb ganz andere Faktoren als Auswirkungen der Pandemie die Familienplanung beeinflussten. Doch gesicherte entwarnende Informationen kann hier niemand anbieten, und es ist befremdend, wenn auch hier ganz schnell abgeblockt wird.

Von jungen Menschen ist eine Solidarität eingefordert worden, ohne dass man ihnen guten Gewissens darlegen konnte, welche Risiken sie eingehen – ohne jegliche klinische Studie.

Ich habe dieses Beispiel hier ausgelegt, weil es noch für etwas anderes steht, das uns in der Zukunft vielleicht behilflich sein kann:
Die in Teilen vorsichtigen Angaben der Hersteller selbst werden gewichtet – und so manche Einschätzung, die daraus hervor geht, ist angesichts der Datenlage längst nicht gesicherte Erkenntnis – und doch werden Zweifelnde und Vorsichtige ausgegrenzt.

Und ich werde es immer wieder sagen, auch hier, wo das Thema nur gestreift wird: Die Menschen mit quälenden Post Vac – Symptomen gehören ernst genommen – diese Solidarität schulden wir ihnen einfach.