14.März 2022, 0:45

Die grosse fremde und die eigene kleine Welt

Mir ist nicht so ums Schreiben. Worte, die nicht in einem Brief oder in einer Nachricht direkt an einen Menschen gerichtet sind, scheinen gerade im allgemeinen Geschrei unter zu gehen.

Es ist ein Klagen spürbar, ein Hader, der zwischen Unwille und Unverständnis wabert. Was ist nur mit uns los? Jaaah, wir haben mit Krieg nichts am Hut, aber plötzlich auch nicht mehr so sehr mit Corona. Alles relativiert sich, aber auf den asozialen Medien ist immer eine Suppe am Kochen. Garantiert. Das Erschrecken über die plötzliche Nähe des Irrsinns ist gross, und gerade jetzt vermisse ich die leiseren Töne. Das Netz ist ein Ort der Parteien, der Debatten, der Anklagen und der Lügen. Allerdings scheint mir, dass mit dem Ukrainekrieg vermehrt erkannt wird, dass Manipulation und Information sehr oft nicht auseinanderzuhalten ist. Was also tun? Einen Schritt zurück machen und mehr darüber nachdenken, was denn für mein Leben wirklich Bedeutung hat? Was ist real, ist fassbare Wahrheit, was kann ich greifen und mit ein wenig Achtsamkeit gar beeinflussen?

Wie müssen diese Zeiten für die Kranken unter uns sein? Wie absurd mag ihnen manches Geschrei vorkommen und sie entsprechend anrühren, wie belastend kann es wirken, dass die Menschen aufsaugen, was in der Ferne geschieht oder sie irgendwann bedrohen könnte, während ihnen nahes Leid unangenehm ist? Dabei ist gerade da, wo ein grauer Schleier über der aufgehenden Sonne hängt, ein Lächeln ein Segen. Ein gutes Wort, ein Moment des Zuhörens, ein kleiner Schalk, ein Innehalten. Wir brauchen auch im Nahen, im Kleinen nicht immer Antworten haben. Aber einen Zustand einfach mal aushalten, eine Antwort auf unser „Wie geht’s?“ aufnehmen, wenn sie nicht so freudig klingt. Nachhören, noch nicht mal insistieren, drängen, aber einmal zeigen, dass die Welt, die grosse, weiter ziehen mag, während unser Platz gerade jetzt bei einfach einem Menschen ist – das ist schön. Das ist Leben. Wahrhaftige Bedrohungen machen uns empfindsam. Wer weiss, wie verletzlich er ist, steht einem tatsächlich Verletzten womöglich offener bei. Entrüstung und Empörung über die Welt da draussen sollte keinen Funken Energie verbrennen, den wir stattdessen für unsere kleine Welt verwenden können. In ihr entsteht das Lächeln, nährt sich die Liebe, wird Angst überwunden und Zuversicht geschöpft. Die Verzweiflung über „die Welt“ ist abstrakt, wirkt beinahe anmassend, wenn die Menschen um mich herum Probleme zu bewältigen haben, die ich sehr wohl sehen kann, wenn ich es will.

Und wenn aus dieser realen, unmittelbaren Welt ein Lächeln zurück kommt oder an mich heran getragen wird, dann geht die Sonne wirklich auf. Denn da gibt es ja noch meine innere Welt, und jede Hilfe, die mich Demut lehrt für das Glück und Kraft für die Bewältigung von Unglück, ist reales Erleben.

21.Februar 2022, 1:00

Wenn Stigmas sich auflösen

So viel in unserem Leben wird uns scheinbar hingeworfen, und während wir das Pech beklagen, sind wir uns des Glückes oft nicht bewusst. Wenn ich dann Erzählungen höre vom Aufwachsen von Kindern in fremden Ländern, sagt mir zwar mein Verstand, wie gut ich es doch getroffen habe, doch mein Herz berührt es nicht immer: Vielleicht zu oft gehört, zu oft gesehen? Was mich aber umhauen kann, sind Schilderungen vom Leben hier, bei uns, an meinem Platz – nur, sagen wir mal, eine Generation früher.

Wie war es schwer, das Thema Alzheimer zu benennen? Es war quälend schwierig, einen Angehörigen zu pflegen und die Contenance zu halten zwischen der Kaschierung der Verwirrung des Vaters oder der schieren Verzweiflung ob der Herausforderungen, welche die geistig abbauende Mutter an einen stellte. Alle überfordert, alle stigmatisiert, kein Verstehen zu erwarten, und Lösungen schon gar nicht.

Oder Autismus… Wie erklären und selbst verstehen, dass das Kind in einer eigenen Welt gefangen blieb, während wir von aussen aus es betrachten mit einer Mischung zwischen Faszination für bestimmte Auffassungsgaben und der Befremdung über die Blockade gegenüber jeder menschlichen Berührung… und dann legt eine Gesellschaft irgendwie den Schalter um, und scheinbar innert weniger Jahre gibt es plötzlich Kinofilme zum Thema Altersdemenz – und ganze populäre Serien, in denen Autisten eine markante Neben- oder sogar die Hauptrolle spielen. Und wo vorher Unwissen und Verdrängung oder einfach Nichtbeachtung war, eifern nun Hashtags in den asozialen Medien dem Phänomen nach, eifrig bemüht, etwas vom Trend mitzunehmen und Beachtung zu erhalten. Wie fragwürdig das auch sein mag, eindeutig kann man feststellen: Welch Laune des Schicksals, einen Angehörigen mit einer solchen Aufgabe zu versehen – und das nicht heute, sondern vor zwanzig Jahren. Wie bizarr muss es sein, als Betroffener zurück zu blicken und sich zu fragen, wie viel leichter es gewesen wäre, auch als Pflegende und Begleiter genügend Kraft zu haben, wäre betroffenen Menschen schon damals menschlicher und verständnisvoller begegnet worden.

Und während wir als Gesellschaft auf den Wogen der Launen von Beachtung oder Ignoranz oder gar Stigmatisierung dahin dümpeln, wünsche ich Menschen, die gerade jetzt und heute einen solchen Kampf im Grau unserer Missachtung führen, dass wir alle, wenn wir mit uns Fremdem konfrontiert werden, einfach mal mutmassen, dass das störende Etwas, das bei einem mir bekannten Menschen nicht „funktioniert“, mehr eine Herausforderung für mein Unwissen ist als eine Zumutung. Jedes Stigma ist von Menschen gemacht. Und damit grausam.

09.Februar 2022, 0:20

Einzigartige müssen sich nicht vergleichen

In der Wirtschaft nach westlichem Vorbild dominiert das Konkurrenzdenken. Der Glaube an den Segen des freien Wettbewerbs ist ungebrochen. Die gesellschaftliche Facette, die daraus folgt, ist, dass wir uns immer wieder genötigt sehen, uns zu vergleichen. Damit kreieren wir Bedürfnisse, die wir für unser Glück nicht brauchten. Im Grunde machen wir Glück unmöglich, weil Glück kein Zustand ist, in dem uns noch etwas fehlt.

Unser Wirtschaftssystem ist exakt darauf ausgerichtet, diese neuen Bedürfnisse künstlich zu schaffen. Wir sprechen von unserem Wohlstand. Doch gemeint ist nicht, dass es uns wohl ist im Stand. Im Status Quo. Du sollst mehr wollen, mehr ausgeben. Wir messen uns mit dem Nächsten, und es ist, leider, sehr wichtig, was wir haben. Und so verkehren wir, je älter wir werden, um so mehr, in Kreisen, die ähnlich „unterwegs“ sind wie wir selbst. Wir haben keinen Blick für die Einzigartigkeit eines jeden Menschen. Wir könnten fragen: Was kann mir der nächste Mensch heute geben, beibringen, zeigen, wofür ein Beispiel sein? Wir könnten der Frau an der Kasse in die Augen sehen, statt stumpf an ihr vorbei. Nur wenn ich den Menschen anschaue, kann ich das Geschenk seines Lächelns empfangen – und es zurück geben.

Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, in dem die Tatsache, dass andere mehr hatten, immer wieder eine Herausforderung war. So waren Momente, in denen es gelang, sich auf sich selbst und seinen Wert zu besinnen für Viele um mich herum viel zu selten. Dabei ist es für jeden Menschen gültig und wichtig, sich sagen zu können:

Ich bin einzigartig.

Ich lernte eben früh sehr viele Menschen kennen, die ihr Leben als Begegnung mit anderen verstanden: Das Gegenüber hatte was zu sagen. Ich war jemand, den zu entdecken sich lohnte. Ich wurde gehört. Und gesehen.

Ich hatte in meinem Leben viel Glück – ganz sicher mehr als andere. Ich bin nicht einzigartiger als sie. Aber es hilft keine Beteuerung, nur das Beispiel. Der offene Blick, das ehrliche Wort, die lebendige Neugier, das achtsame Interesse. Wirklicher Reichtum liegt in der Herzwärme einer Begegnung. Über alle Zäune und Vergleiche hinweg, auf Augenhöhe.

02.Februar 2022, 22:30

Ein empathischer Manager schaut nun zu sich selbst

Es gibt wohl keinen zweiten Sportdirektor eines Fussballbundesliga-Vereins, wie das Max Eberl in Gladbach war. Das bezieht sich auf seine fachlichen, aber auch und gerade auf seine menschlichen Qualifikationen. Kaum ein Manager hat sich so sehr hinter seine Trainer gestellt und eine so menschliche Linie verfolgt, überzeugt, dass es den Respekt für die Mitarbeiter braucht, will man von ihnen Zusammenhalt für den Erfolg des Vereins einfordern.

Eberl war die verkörperte Verlässlichkeit, und dass dieser Mann nun erklärt hat, öffentlich und unter Tränen, dass er keine Kraft mehr hat, macht sehr betroffen. Er will mit uns nichts mehr zu tun haben, und das sollten wir auch genau so verstehen. Denn auch wir Konsumenten und Fans, Fussballinteressierte und News-Konsumenten hocken täglich den Rattenfängern auf, die unsere Aufmerksamkeit, unsere Klicks mit möglichst aufregenden Schlagzeilen abgreifen wollen. Und wir stöbern gerne nach, lassen uns jedes Gerücht unter die Nase halten, für dessen Verbreiterung der Journi oder der SocialMedia-Betreiber nicht mehr braucht als ein Hörensagen – ohne jede Nachprüfung des Wahrheitsgehalts. So verkommen Transferperioden zum Spiessrutenlauf – in dem gerade die finanziell nicht so stark da stehenden Vereine die Zeche bezahlen. Und es ist gut zu beobachten, dass zunehmend alle Beteiligten an der Aushandlung eines neuen Vertrages keine Manipulationen mehr scheuen, um mit der Speisung solcher „Meldungen“ Druck aufzubauen.

Max Eberl hat auf die schmerzhafteste Weise erfahren, dass Menschlichkeit und Anstand keine Garantie in sich tragen, dass in genau gleicher Weise zurück gezahlt wird. Oh nein. Wir sind uns alle selbst die Nächsten.

Ja, der Chef muss vorangehen, und es kommt selten gut, wenn der Leitwolf nicht wirklich brennt für seinen Job. Doch wenn er erlebt, dass für nächste Mitarbeiter im Führungsteam eine ähnliche Verbindlichkeit obsolet ist und bessere Verträge andernorts jede vorherige Beteuerung von der Liebeserklärung zur Ohrfeige mutieren lassen, dann kommt der Moment, in dem die eigene Kerze an beiden Enden zu brennen anfängt. So ist es zu erklären, dass der Überzeugungstäter Max Eberl viel zu spät erkennen konnte, dass ihn die menschlichen Enttäuschungen viel mehr beschäftigen und an seinen Kräften zehren, als er es zulassen wollte. Es hilft auch nicht, wenn in jedem Einzelfall die objektive Sachlage dazu veranlasst, eine angestrebte Trennung auch zuzulassen, weil man Reisende nicht aufhalten soll. Die schiere Häufung der Hiobsbotschaften und ihrer Auswirkungen waren schlussendlich nicht mehr zu tragen. Der Trainer Marco Rose wollte dem Verein, der ihm die Etablierung in der Bundesliga ermöglichte, nicht über den Sommer hinaus zur Verfügung stehen, trotz laufendem Vertrag, Nationalspieler verlängerten ihre Verträge nicht, die sportliche Schieflage wurde, gemessen am Kader, immer grotesker, und Corona verschärft jedes wirtschaftliche und personelle Problem betreffend der Führungsaufgaben zusätzlich.

Max Eberl hätte es anders verdient. Ganz anders. Den Respekt fast aller Beobachter wird er nie verlieren. Da hat ein Mensch gearbeitet und ist ein Mensch abgetreten, sich öffentlich eingestehend, dass es nun einfach nur noch um ihn gehen darf und muss. Wohl noch nie hat ein Manager in der Öffentlichkeit so ehrlich und berührend von seiner Not erzählt, und es ist typisch Eberl, dass seine Sätze druckfertig daher kamen bis zum Schluss – ohne dass auch nur ein Satz aus Worthülsen bestanden hätte. Ist er gescheitert? Ich hoffe, viele Chefs nehmen sich genau Max Eberl zum Vorbild. Und ich hoffe, ihre Botschaft kommt so bei ihren Angestellten an, dass die Lust und Freude gross bleibt, zurück zu zahlen. Und das ist keine Währung aus Euros oder Franken. Das ist die Überzeugung, einen Job zu haben und ihn so erfüllen zu wollen, wie er vereinbart wurde, wie man sich dafür verwendet und beworben hat, mit der klaren Idee, dass der Job auch getan sein soll, bevor man über Veränderungen verhandelt. Genau das kann Max Eberl nun nicht mehr. Es wäre ihm zu wünschen gewesen, er hätte dabei auf der gegenüberliegenden Tischseite Menschen vorgefunden, die ihm empathisch wenigstens ein bisschen gerecht hätten werden können. Nun, mindestens öffentlich war dem nicht so. Nicht nur Eberl ist in Mönchengladbach zuletzt überfordert…

Ich möchte noch zurückblenden in die Jahre 2011 bis 2015: Max Eberl hatte das Gespür für die richtige Trainerverpflichtung, als Borussia Mönchengladbach scheinbar hoffnungslos abgeschlagen wie der Absteiger feststand. Lucien Favre schaffte es nicht nur, die Klasse doch noch zu halten, er entwickelte die Mannschaft weiter, bis sie gar die Championsleague erreichte. Die Spieler glaubten bedingungslos an seine Philosophie, und die Erfolgserlebnisse taten ihr Übriges. Doch dann begann eine neue Saison – und nichts schien mehr zu funktionieren. Favres Mannschaft verlor sechs Spiele in Folge, und die Zweifel steckten den Spielern in jedem gespielten Pass auf dem Feld in den Füssen. Das Herz mochte noch so genau erinnern, dass dieser Trainer schon wusste, was sie brauchten – es funktionierte nicht. Niemand hätte Favre entlassen, erst recht nicht ein Mensch wie Max Eberl. Er glaubte, Favre alles zu verdanken. Man würde da wieder rauskommen. Favre bot den Rücktritt an. Er wurde abgelehnt. Worauf Favre seinen Rücktritt einseitig erklärte und die Arbeit niederlegte. Das hängt ihm heute noch nach. Aber ein Trainer spürt, wenn er seine Jungs nicht mehr erreicht, wenn er deren Zweifel im Kopf nicht beseitigen kann. Favre begriff, dass die Loyalität der Vereinsspitze, getragen von Eberl, verhindern würde, die Sackgasse zu erkennen. Er entschloss sich zu einem radikalen Schritt, der alle im Verein schockierte. Von einem Moment auf den andern war der ehemalige Heilsbringer nicht mehr greifbar. Erst das aber liess alle Verantwortlichen, die Führungsspieler inklusive, begreifen, was es geschlagen hatte – und Eberl zog mit Andre Schubert genau die richtige, ganz andere Person nach, die sofort Erfolg hatte. Ich bin sicher, Max Eberl hat damals sehr gelitten unter Favres Entscheidung – aber sie hatte wohl auch ihren Grund in der Bedingungslosigkeit, mit welcher Eberl an Favre festgehalten hätte, allen Anzeichen grundlegender Probleme zum Trotz. Auch das war die Geschichte eines Trainers, der auf Eberls Schiff von Bord ging – aber eine ganz andere…

19.Januar 2022, 6:21

Der Andere und die Anderen

Alphatiere mit Selbstüberschätzung haben Hochkonjunktur. Irgendwie scheinen sie anzunehmen, dass für sie andere Regeln gelten. Während António Horta-Osório sich als Verwaltungsratspräsident der Grossbank Credit Suisse in einer Welt bewegt, die Vielen nicht so geläufig sein mag und seine Missachtung der Corona-Verhaltensregeln vielleicht auch nur willkommen war, um ihn schnell wieder loszuwerden, sind Menschen wie der lange Zeit erfolgreichste Tennisspieler Novak Djokovic geradezu süchtig danach, uns ihre Welt zu zeigen und sie für uns zu malen. Dafür gibt es dann Social Media und wenn es schief geht ganz schnell ganz viele Wahrheiten über einen Impfskeptiker, der für sich einen Sonderweg ausgemacht zu haben schien. Davon werden dann auch gleich ganz viele Geschichten erzählt, von denen die Saga, dass sie wahr sei, eben erst mal einfach eine Saga ist, eine Version.

Und während auf dem Tennisplatz ganz viele Situationen ganz sensationell von ihm noch zu kontrollieren sind, ist die grösste Hybris dieses Stars (und ganz vieler Anderer auch) wohl die, zu glauben, er könnte auch das rapportierte Bild von sich abseits seiner Bühne dauerhaft selbst bestimmen.

Die Manipulation kehrt sich gegen den Manipulierenden, und das macht es für uns alle nicht besser. In Djokovic nun den weltweiten Repräsentanten der Impfkritiker zu sehen, ist absurd. Das wird ja auch nicht wirklich von den Impfkritikern behauptet, sondern vielmehr von den Kritikern der Impfkritiker kolportiert. Mit Verlaub: Djokovic ist ein serbischer Einzelsportler, der im Tennis einmalige Erfolge feiert, ohne damit den Frust überwinden zu können, nicht wie seine Kontrahenten geliebt zu werden. Also biegt er Bestimmungen zurecht, fordert besondere Rechte und sucht Hintertürchen, um mit einigermassen den Erfordernissen entsprechenden Dokumenten eine Starterlaubnis zu erhalten. Denn Sieg Nr. 21 bei einem Grand Slam Turnier ist das, was wirklich für ihn zählt und wofür er alle Energie aufwendet.

Dass er nun in einem Atemzug mit anderen impfkritischen Sportlern wie Joshua Kimmich genannt wird, ist ein Witz und eine Beleidigung für letzteren. Denn Kimmich hat sich hin gestellt und seine Bedenken geäussert, ist zu einer Haltung gestanden und hat entsprechend das Fett abbekommen, ohne dass ihm irgend ein Fehlverhalten hätte vorgeworfen werden können. Jeder Tennisspieler, der auf Grund der absurden Bestimmungen als Ungeimpfter zur Zeit nicht mal mit 3G in einer riesigen Tennishalle mit einem einzigen Tennispartner spielen kann, die Regel aber akzeptiert, weil die Bestimmungen nun mal so sind und anderen es im Beisein nur so wohl sein kann, fühlt sich von den Tricks eines selbstgerechten Egomanen ganz sicher nicht wirklich repräsentiert. Dass es eine zu grosse Versuchung ist, angesichts dieses vernichtenden Zeugnisses, das Djokovic abgegeben hat, zusätzlichen Druck für die Impfpflicht aufzubauen, ist ja klar.

An Euch da draussen „im öffentlichen Leben“ geht die Botschaft, dass es – wie langweilig, das immer und immer wieder zu wiederholen – ganz viele nicht Geimpfte gibt, die einfach nicht in Eure Schemata passen wollen und können, während Ihr von Euren eigenen Ängsten weiter getrieben werdet und es zunehmend absurder wird, Euch über den Respekt anderer vor der Impfung zu mokieren. Wir nehmen Euch nichts, und wir sind in nicht so kleiner Anzahl alles andere als Hasardeure, welche die Gesundheit irgend eines Mitmenschen mehr riskieren als ganz Viele von Euch es tun, die Ihr dem normalen Leben nachrennt und dafür sehr viel schneller als wir Grenzen missachtet, die es halt leider auch für Geimpfte weiter geben müsste. Es sei denn, wir legen die Angst an sich ab und greifen nach jener Art von Vernunft, welche den Respekt für Andere mit einschliesst. Und dann, ja, dann könnte man „einfach“ leben. Das ist ganz sicher nicht das, was Herr Djokovic anstrebte. Für ihn war nie akzeptabel, nicht der Beste unter Allen zu sein und entsprechend anders – er hat einfach ausser Acht gelassen, dass die Norm für die Anerkennung eines Menschen einer wandelbaren Stimmung der Masse folgt, was es sehr ungesund macht, ihr nachzujagen. Ganz viele Menschen erleben das in diesen Jahren, die sich vorher nie am Rande der Gesellschaft sahen und auch nie so fühlten. So gesehen ist am Ende Djokovic doch vielen Menschen plötzlich näher, als ich dachte… ??

04.Januar 2022, 17:00

Für jeden neuen Tag

Das Alte wird nicht einfach neu. Aber wir können uns neu damit beschäftigen.

Das Neue Jahr hat einfach so begonnen, wie das alte einfach so verging. Nichts macht einen Tag besonders als die Bedeutung, die wir ihm selbst geben. Und wir allein sind es, die ihm seinen Gehalt geben – oder ihn erkennen. Wie auch immer ihr gefeiert habt, wo auch immer ihr sein durftet. Es gab da einen warmen Ort. Eine Bleibe. Womöglich gar ein Daheim. Zur Zeit reden Andere mit, wer dazu gehört und wer nicht. Familien haben nicht nur die normale Herausforderung von Weihnachten hinter sich – und sie hoffentlich gelöst bekommen. Schlussendlich sind die meisten Seelen auf Begegnungen angewiesen, auf Impulse, die, aus Liebe erzeugt werden, gegeben und empfangen.

Nun ist es da, das Neue Jahr. Es hat keine Gespenster verscheucht, kein Problem vergessen. Aber es ist auch eine neue, eine weitere Chance, jedes einzelne Problem neu zu betrachten, und es endlich einzuordnen. Wir Alle neigen dazu, die EINE Sache oder eine Überzeugung über anderes und Andere zu stellen. Wir laden auf mit Emotionen, wir vertreten Meinungen mit dem Anspruch, die Ja- und Neinsager entsprechend zu bewerten. Dabei könnten wir doch ganz aktuell lernen, wie begrenzt unser Wissen ist, und dass zum Lernen die Erkenntnis gehört, dass es eine Gnade ist, auch mal auf einen früheren Punkt zurück kommen zu dürfen. Wenn es in einer Diskussion darum geht, Sieger und Verlierer zu generieren, gewinnt niemand wirklich. Wir gehören dann einfach dazu oder zu den anderen.

Die grösste Herausforderung ist es, den Respekt zu bewahren. Nur wenn wir den aufbringen, hören wir auch wirklich noch zu. Und auch wenn wir es manchmal nicht glauben mögen – Grund zuzuhören und nachzudenken haben wir alle weiterhin. Und das wird uns bleiben. Immerhin. Und glücklicherweise. Für ein gutes Neues Jahr.

21.Dezember 2021, 20:45

Worte und ihre (Ohn-)Macht

Hoffentlich kein Geplapper über Geplaudertes. Aber es liegt in der Natur des Schreibens, dass du dir immer wieder Gedanken machst über den Prozess und seine Wirkungen auf dich selbst und auf andere:

VOM SCHWEIGEN
Khalil Gibran

Obwohl die Stürme der Worte
uns unablässig überschwemmen,
in den Tiefen unseres Ichs
herrscht das Schweigen auf immer.

***

WIEVIEL WIR REDEN

Nur ja die Stille verhindern,
die wir nur als quälende Pause kennen,
als peinlichen Unterbruch
zwischen zwei Konversationsfetzen.
Ruhe ist fremd.
Stille eine Bedrohung.
Dabei reden wir doch gerade,
um unsere Unruhe los zu werden.

Hinweg mit dem Gebrabbel und Geplapper,
mit dem ich meine Zeit verschwende.

Still werden vor mir selbst und
in der scheinbaren Leere meiner Seele
die Tiefe erkennen,
die Weisheit und Wahrheit kennt

Thinkabout


thinkabout.myblog.de am 14.11.2004 – heute redigiert

WORTE UND IHRE OHNMACHT

Wenn du schreibst, bist Du gerade mit Dir allein und es Dir auch bewusst. Wer dich liest, nimmt sich einen Moment Zeit für sich selbst – und für dich? Was erfährst du davon? Was machen die Worte, die du formuliert hast? Wo bleiben sie? Wen erreichst du damit? Sie verlassen deinen Mund oder deine Tastatur und ziehen weiter. Sie lassen dich zurück und du sie. Ein Zeugnis des Moments, die Aufzeichnung eines Gedankens, eines Gefühls. Gibt es Sätze, die noch nie gesagt oder geschrieben wurden? Kaum. Aber neu an ihnen kann immer mein Verstehen sein. Mein Zugang – oder die Voraussetzung, die zu ihrem Abgang bei mir geführt hat. Worte kleiden eine Empfindung in eine Hülle, die etwas fassbar machen soll. Es gelingt nie wirklich. Wir scheinen alle Wahrnehmung nur teilen zu können, wenn wir sie reduzieren. Es wäre daher schön, wir wären so demütig, einzugestehen, dass alles viel grösser ist, als wir es begreifen. Die Worte, die wir dann benützten, wären wahrhaftiger.

14.Dezember 2021, 23:30

Hände weg von der Krippe

Jetzt gibt es sie wieder, auf Gemeindeplätzen und in vielen öffentlichen und privaten Räumen: Die Weihnachtskrippe mit dem Jesus-Kind, Maria und Josef, Ochs und Esel und den Drei Königen. Doch mit denen ist etwas falsch. Wirklich?

Foto: Thinkabout

Ja, Einiges. Sie sind, so wie wir sie heute dargestellt bekommen, reine Legende. Es waren Sterndeuter, drei weisse Männer, die dem Jesuskind Geschenke darbrachten – und anschliessend entgegen dem Auftrag von Herodes nicht zu ihm zurückkehrten, um ihm den Aufenthalt mitzuteilen und das Kind damit zu verraten, sondern wer weiss wohin verschwanden. Die Überlieferung hat daraus drei Repräsentanten verschiedener Erdteile werden lassen, sinnbildlich für die Achtung und Offenheit verschiedener Kulturen, und der Schwarze Mann ist in diesem Kontext eben gerade keiner Minderwertigkeit ausgesetzt, sondern steht oder kniet im Verbund mit seinen Begleitern gleichberechtigt an der Krippe im Stall.

Dass die Sternsinger den Brauch ablegen, dass sich einige Teilnehmer die Haut schwarz färben, kann ich noch so knapp verstehen,

dass aber Gemeinden dazu übergehen, den schwarzen Mann unter den Krippenfiguren hell einzufärben,

torpediert den Sinn der Geschichte geradezu und nimmt ihr die Botschaft, dass die Welt hoffnungsfroh zusammenfindet. Es schliesst schwarze Menschen eher vom schönen Grundgedanken aus. Das scheint mir wieder so eine Ersatzhandlung dafür zu sein, dass Symbole geradezu vorauseilend entfremdet werden, ohne dass dadurch ein einziges schwarzes Kind in der Schule schlechter oder besser behandelt wird. Viel gescheiter und dann tatsächlich pädagogisch wäre es, die Symbolik beizubehalten und die Wertigkeit des Einen unter Dreien zu betonen.

Das Thema ist ein Beispiel, wie intellektuell verkopft wir – möglichst laut auch noch – Stellvertreterdiskussionen über Rassismus führen, die mit der Realität im Alltag rein gar nichts zu tun haben. Statt Traditionen abzuschneiden, als wären sie eh nur ein alter Zopf, wäre es viel hilfreicher, wir würden die Geschichten, die dazu gehören, so erzählen, wie sie sich allen Menschen erschliessen können. Mit dicken oder dünnen, weissen oder farbigen Figuren.

11.Dezember 2021, 23:45

Der Blick meiner Muse auf mich

Du erleichterst mir
den Zugang zu meiner Seele.
Würde ich Dir nicht glauben,
wenn du sagst, dass ich schön bin,
und Schönes schreibe,
würde ich uns Beide beleidigen.

Stattdessen will ich Dich
und meinen Schöpfer ehren,
indem ich mich ehrlich bemühe,
meine Kreativität zu schulen,
und mit meinen Talenten zu arbeiten.

Ich will die Reflexe ablegen,
die mich alles verwerfen liessen.
Ich erahne meine Talente.
Ich werde keine Projekte mehr weglegen,
bevor jemand anderer als ich selbst gesagt hat,
dass sie nichts taugen,
nein, bevor ich damit nicht wirklich gescheitert bin.


thinkabout.myblog.de vom 14.11.04, heute redigiert
und heute dazu weiter gedacht:

Na, das habe ich ja bisher prächtig hinbekommen, denke ich spontan. Doch hätte ich die innere Wahrheit zwischen den Zeilen nicht doch ein gutes Stück weit verinnerlicht, so gäbe es Thinkabout als Blog heute natürlich nicht mehr. Die letzten Jahre in den Tasten haben nicht nur mich auf eine neue Weise mürbe gemacht, und es ist höchste Zeit, weniger die Welt verändern zu wollen als mich selbst mehr zu finden. Da habe ich dann auch wirklich etwas davon. Eine Impfung hilft auch dabei nicht weiter, aber nach wie vor mit dem Verlangen getränkt zu sein, etwas Kreatives zu versuchen, immer wieder, macht mich glücklich.

02.Dezember 2021, 6:30

Nach der Abstimmung ist vor der Umsetzung

Durchatmen scheint angesagt. Und ansatzweise darf vermutet werden, dass es auch geschieht – ich blende nun das wieder vorauseilende Theater wegen Omikron mal aus:
Die Schweizer Stimmbürger haben das Covid-Gesetz des Bundes mit 62% Ja der eingegangenen Stimmen angenommen. Damit beginnt – wie ich meine immer – die wirklich entscheidende Herausforderung für die direkte Demokratie – und das gilt für jedes Abstimmungswochenende: Das Ergebnis gilt es nun zu deuten, und naturgemäss fällt diese Analyse bei Befürwortern und Gegnern unterschiedlich aus.

Faktisch bedeutet das Ja, dass die Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hinter der offiziellen Corona-Politik steht und also die 3-G-Regel, das Contact-Tracing und die Wirtschaftshilfe für geschädigte Branchen gutheisst . Das ist das Ergebnis, und es sollte zur Kenntnis genommen und akzeptiert werden. Diese grundsätzliche Bereitschaft, das Ja der Mehrheit anzuerkennen, ist die Basis unseres Zusammenhalts, genau so wie der Respekt der Mehrheit für die Bedenken der Minderheit. Eine Abstimmung schafft Legitimation, und sie hat das Zeug zu mehr: Sie kann darüber hinaus als Bestandesaufnahme dafür sorgen, dass die weitere Entwicklung einer Politik in eine Richtung geht, welche möglichst viele Bürger weiter UND neu hinter sich schart. Denn niemand wird behaupten wollen, dass es in unserem Land fast 40% Irre, zumindest fehl Geleitete, Schwurbler und Verschwörungstheoretiker gibt. Die Vorlage war genau so komplex wie die Pandemie für uns zur Herausforderung geworden ist. Und wie wir ja alle vorgeführt bekommen, geht unser aller Herausforderung in die nächste Runde.

So, wie gewisse Aktionen der Gegner komplett aus dem Ruder gelaufen sind, so peinlich war umgekehrt das Herumdrucksen des Bundesrates vor der Abstimmung um beabsichtigte weitere Massnahmen, die falsche Darstellung der möglichen Konsequenzen einer Ablehnung der Zertifikatspflicht und die Behauptung, wirtschaftliche Hilfen könnten dann nicht mehr geleistet werden sowie die im besten Fall schlaumeierisch zu nennende tendenziöse Formulierung der Abstimmungsfrage auf dem Stimmzettel zum Covid-Gesetz, welche das Zertifikat genau so wenig erwähnte wie die erweiterten Machtbefugnisse des Bundesrates.

Und rund um die Saga, wie gross die Geldmittel der Gegner im Abstimmungskampf gewesen seien, wäre dann die Macht der Medien zu nennen, die sich in grosser Zahl und oft nicht sehr reflektierend zum Sprachrohr der Politik machten.

Es gibt durchaus die Hoffnung, dass nun – und zwar trotz oder gar wegen der neuen Aufregung um Omikron – etwas mehr Gelassenheit einkehrt und wir die weitere Bekämpfung der Pandemie mit weniger Moralsäure und mehr Sachverstand angehen und zum Beispiel die folgenden Themen offen diskutieren:

  • Warum gibt es keine bekannte konkrete Bestrebung, die Situation in der Intensivpflege zu verbessern und mehr Personal auszubilden? Das Argument, das würde zwei Jahre dauern, hat sich tot gedauert – bald zwei Jahre nach Ausbruch von Corona. Angesichts der zu erwartenden Verlängerung der Krise und schlicht als Konsequenz aller Erfahrungen, die darin gipfeln, dass wir unser Überleben um jeden Preis wollen, müsste die Folgerung doch sein, dass wir uns eine Intensivpflegekapazität für den Notfall leisten. Jaaaah, was das kostet? Nicht im Ernst, oder? Denn mit dem Schauer vor einer Knappheit in den Intensivstationen hat man nicht nur die Impfprogramme befeuert sondern auch viele die Wirtschaft tangierende Massnahmen begründet. Die Pflegeinitiative ist angenommen worden – aber wir Alle wissen, dass Buchstaben das Eine sind, Menschen und Programme, die sinngemäss umsetzen, etwas Anderes.
    Und BITTE: Hört auf, die Ungeimpften für die Intensivpflegenotstände verantwortlich zu machen – Es sind bereits heute ein Drittel der Patienten geimpft, und es werden, logischerweise, immer mehr werden. Das Problem wird also unweigerlich zu einem der Geimpften werden, denen niemand so genau sagen kann, wer wann wie schnell was Boostern soll, weil der Schutz womöglich kürzer ist und schneller schlechter wird als gewünscht und Impfdurchbrüche sehr wohl sehr schwere Verläufe haben können.
  • Wann schafft es die Regierung, ihr Schutzkonzept anzupassen? Was sich aufdrängt, ist testen, testen, testen – immer schön in der Konsequenz derjenigen Meinungsträger, welche das Thema besetzen. Nicht 3G oder 2Gplus ist eine Lösung. Das Narrativ, wonach eine Impfung nicht nur Schutz bietet sondern von allen Massnahmen befreit, ist der bereits aktuelle und zukünftig hauptsächliche Treiber der Ansteckungen, denn Geimpfte sind offensichtlich für eine gewisse Zeit genau so infektiös wie Ungeimpfte. Die Lösung muss sein: Wo Menschen in einer zu definierenden Gruppengrösse zusammenkommen, muss ein aktueller negativer Test vorliegen. Und umgekehrt müssen Menschen in kleinerer Anzahl zusammenkommen können, im Restaurant am Tisch oder zuhause.
    Natürlich gehört dazu, dass die Tests gratis sein müssen und leicht zu absolvieren. Die Dichte der Testmöglichkeiten ist mit entscheidend und entsprechende Angebote direkt vor Lokalen, Stadien und anderen Anlässen können Zeugnisse dafür sein, dass den Menschen Zerstreuung und Unterhaltung möglich sein soll.
    Der Winkelzug des Bundesrates, womit er nicht nur die Tests nicht mehr gratis anbieten liess, sondern zusätzlich verfügte, dass nur noch Nasen-Rachen-Tests gültig sind, aber keine Nasentests mehr, um ein Kurzzeit-Zertifikat zu erhalten, hat keine wissenschaftlich erhärtete Evidenz. Er sollte lediglich das Prozedere noch mühsamer machen und die Leute in die Impfstationen treiben.
  • Ein schlicht unmögliches Faktum ist, dass es für die PCR-Tests bis heute keine Vorgabe für die Labore gibt, wie hoch der maximale Ct-Wert sein darf bei der Testung der Proben – obwohl es völlig unbestritten ist, dass mit höherem Ct-Wert die Zuverlässigkeit der Tests rapide sinkt.
  • Nach ersten Auswertungen hat die Gruppe der 18- bis 35-jährigen das Covidgesetz deutlich abgelehnt. Ein deutliches Zeichen und eine Mahnung, den Bogen der Regulierungen in Vielfalt und Schärfe nicht zu überspannen und vor allem in Rechnung zu stellen, dass es die Jungen sind, welche die Hauptlast tragen – sei es bei den Bildungsangeboten oder den wirtschaftlichen Spätfolgen der Pandemie. Der Schulbetrieb und die Berufsbildung darf nicht weiter beeinträchtigt werden und für die Wiederherstellung von möglichst viel Chancengleichheit muss viel investiert werden. Leider hat das Bildungswesen in der Politik naturgemäss eine Lobby, die im Vergleich mit der Pharma- und Gesundheitsbranche schlicht vernachlässigbar ist. Die Pandemie führt krachend vor Augen, wie extrem störend und für uns als Gesellschaft ungesund diese Tatsache ist.
  • Die Entspannung in der Diskussion, die auch ich mir wünsche, kann nur anhaltend sein, wenn eine Art Dynamik erkennbar wird, die darin besteht, dass Viele das Gute wollen und sich dabei auch gegenseitig gestatten, mal falsch zu liegen. Aber die Impfblende, die noch immer Viele glauben lässt, der nächste Booster werde alle Probleme lösen, muss aufgegeben werden.

Es gibt den Leitsatz, dass Freiheiten, die aufgegeben werden – oder aufgeschoben – selten bis nie zurück kehren. Die Zukunft wird zeigen, ob es hier anders ist. Die Praxis der digitalen Zertifikate bleibt extrem heikel und die möglichen weiteren Anwendungen werden bestimmt vorgeschlagen oder auch direkt versucht werden. Es wird sehr schwer werden, sich dagegen zu wehren – genau so, wie heute die Video-Überwachung des öffentlichen Raums, einst uns als Sicherheit vor dem Terror verkauft, niemals mehr abgebaut werden wird. Nicht nur in China grassieren die Ideen, wie praktisch eine digital vollständig kontrollierbare Bevölkerung doch ist – für deren Sicherheit, natürlich. Punktesysteme für die staatlich definierte Sozialverträglichkeit kennen wir noch nicht – die Softwaresysteme dafür gibt es allerdings auch bei uns schon lange.

Zum Schluss noch der Hinweis auf das Interesse der Krankenkassen, Zusatzangebote in Korrelation mit Fitness-Apps zu kreieren, in welchen Kunden mit guten Werten bessere, also günstigere Angebote bekommen und Bonuspunkte „verdienen“ können. Unsere Gesundheit ist, natürlich, ein Kostenfaktor, und danach werden wir eingeschätzt – nicht nur im Rahmen der Faktoren, die wir mit gesundem Lebenswandel tatsächlich beeinflussen können. Unsere persönlichen Dispositionen, genetischen Voraussetzungen, sozialen Umfelder und andere mit gegebene Konditionierungen lassen uns zu den Glücklichen oder den Pechmaries gehören. Und alle diese Systeme reduzieren uns auf Einzelfälle und sehen immer weniger das Tragen einer Grundversorgung für Alle vor. Wer diese Glocken läuten hört ist kein Verschwörungstheoretiker. Nur schlicht ein Beobachter.